Mülheim. Der Mülheimer Handelskonzern hat am Samstag den Markt an der Leineweberstraße geschlossen, der Mietvertrag für die 300 Quadratmeter läuft aber laut Vermieter noch ein Jahr lang. Einen Nachmieter zu finden wird nicht einfach.

Am Samstag um 18 Uhr ist an der Leineweberstraße eine 52-jährige Geschichte zu Ende gegangen. Im Rieken-Haus hat der Tengelmannmarkt geschlossen. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn es in der Innenstadt ein ausreichend großes Nahversorgungsangebot gäbe. Die Eingangstür ist mit braunem Packpapier beklebt davor hängt noch das Plakat, das auf die Angebote zum Schlussverkauf hinweist, den Kunden für ihre langjährige Treue dankt und sie auf die Filiale in Holthausen verweist. Im Innern sind bereits Handwerker dabei, die Regale zu demontieren.

Die Standardfrage, ob denn der Eigentümer für die 300 Quadratmeter große Gewerbefläche schon einen Nachmieter gefunden habe oder in Verhandlungen stehe, bringt Erstaunliches zutage. Die Tengelmanngruppe habe noch nicht einmal den Mietvertrag gekündigt und müsse noch mindestens ein gutes Jahr lang weiter Miete zahlen, erklärt Hermann Friedrich Neuhaus, der hier für die Eigentümergemeinschaft Sorge trägt. Vor ein paar Wochen, etwa zeitgleich mit den Zeitungen, habe er davon erfahren, dass der Markt geschlossen werde. Für ihn kam die Mitteilung aus heiterem Himmel, sagt der 85-Jährige. Es sei zwar bekannt gewesen, dass sich Tengelmann gern vergrößert und einen Umzug in den Kaufhof erwogen hätte, das Unternehmen habe aber auch vor zweieinhalb Jahren beträchtlich in die Zukunft des Standortes investiert. Damals sei ein Sonderkündigungsrecht, das dem Handelsunternehmen zugestanden wurde, gestrichen worden. Neuhaus dürfte nicht der einzige sein, den es verwundert, dass ein Laden ein ganzes Jahr leer stehen gelassen und dafür Miete gezahlt werde. „Sie haben noch nicht einmal gefragt, ob eine Mietreduzierung möglich sei“, wundert er sich.

Seit Jahren defizitär

Bei einem Gespräch zwischen mit Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, das auf Drängen der Ortsarbeitsgemeinschaft der Verbraucher zustanden gekommen war, hatte Tengelmann-Chef, Karl-Erivan Haub, wirtschaftliche Gründe für die Schließung geltend gemacht. Er sei schon seit Jahren defizitär und hätte längst geschlossen werden müssen, so hieß es. In der Regel gelten die Personalkosten als größter Kostenblock, doch die Beschäftigten sollen ja auf andere Filialen verteilt werden. Wo bleibt da die Entlastung, wenn auch die Miete weitergezahlt wird?

Dass ein weiteres Jahr Mietzahlungen eingehen, ist für Neuhaus natürlich beruhigend. Denn in dem 1955 erbauten Rieken-Haus, das nach den Gebrüdern Wilhelm und Walter Rieken, die damals als Händler bekannt waren, benannt wurde, ist längst nicht mehr alles so wie es sein sollte. In den 50er Jahren war das inzwischen unter Denkmalschutz stehende Gebäude Symbol für wirtschaftlichen Aufstieg.

Vertrauen in Politik und Verwaltung verloren

Von den 40 Mietwohnungen seien zwar mit drei, vier Ausnahmen alle mit oft langjährigen Mietern bewohnt, aber die Gewerbeflächen im ersten und zweiten Obergeschoss seien nach dem Auszug eines Dentallabors und eines Weiterbildungsinstituts leer. Der türkische Imbiss, der dort vor einigen Monaten schließen musste, habe ihm einen Verlust in Höhe eines mittleren fünfstelligen Betrages eingebracht, so Neuhaus.. Von dem neuen ägyptischen Imbiss Cleo, das von Samy Siam geführt wird, der früher die Pyramide in der Wallstraße hatte, verspricht er sich eine bessere Zukunft.

Das Hauptproblem bleibt die ungelöste Kaufhof-Frage. Welcher Mieter möchte schon einziehen, wenn er den trostlosen Blick auf diesen Koloss hat? Mit Mietvorstellungen für gewerbliche Mieter sei er schon deutlich nach unten gegangen und würde auch in den Ausbau investieren. Eine Zukunft sieht er nur, wenn der Kaufhof abgerissen würde. Dass sich in dieser Frage aber alsbald etwas bewegt, glaubt er nicht. Vertrauen in Politik und Verwaltung hat er längst verloren. Es klingt ziemlich verbittert, wenn man Neuhaus zuhört.