Mülheim. . Bewohner und Aktive in Eppinghofen vermissen nachhaltige Hilfe vor allem aus der Politik. Ein neu gegründeter Bürgerverein will nun die Eigeninitiative stärken, andere machen es ebenso.

Der Stadtteil Eppinghofen sei von maßgeblichen Teilen der Mülheimer Politik im Stich gelassen worden, klagte jüngst Michael Clemens, katholischer Pastor vor Ort. Seine knapp vor den Kommunalwahlen lancierte Äußerung löste das erwartet geteilte Echo aus.

Gibt es Grund zum Optimismus in Eppinghofen? Bewegt sich etwas im Sinne des mehr als 150 Seiten starken „Integrierten Handlungskonzeptes 2012 - 2016“, welches politisch abgesegnet wurde? Oder stehen die verwucherten Pflanzenkübel an der Eppinghofer und noch mehr die nach drei fruchtbaren Jahren wegen Kanalbauarbeiten platt gemachten Bewohnergärten an der Vereinstraße für ein Viertel, das keiner mehr nährt und pflegt?

Mehr als drei Jahrzehnte lang in Eppinghofen gelebt

In diese Richtung geht die Einschätzung von Helmut Kämpgen, Pfarrer im Ruhrstand, der über drei Jahrzehnte lang in Eppinghofen wirkte und lebte. Sein Rückblick auf die vergangenen Jahre fällt eher negativ aus. „Das fängt an beim Schließungsbeschluss für die Schule“, so Kämpgen, „und das Frühförderzentrum, auf welches immer verwiesen wurde, ist auch sang- und klaglos aus dem Stadtteil verschwunden.“ Zuletzt habe man auch im Wahlkampf gehört, dass ein neues Frühförderprojekt in Eppinghofen entstehen soll, „aber wie es damit konkret aussieht, weiß man nicht, und zu befürchten ist, dass auch dies nach den Wahlen wieder an den Finanzen scheitert“.

Weitere Dauerbaustellen fallen ihm ein, etwa die Straßenführung, Schmutzecken... Helmut Kämpgen, der selber vor zwei Jahren nach Speldorf zog, will nicht untätig bleiben. Mit 19 weiteren Gründungsmitgliedern hat er vor wenigen Wochen den Eppinghofer Bürgerverein gegründet, dessen Vorsitz er auch führt. „Die Aufgabe des Bürgervereins sehen wir darin, die zarten Entwicklungen zu fördern.“ Beim nächsten Treffen soll die soziale Situation im Stadtteil erörtert werden „und die Frage, was jeder selber tun kann, um die Situation nicht noch schlechter werden zu lassen“, so Pfarrer Helmut Kämpgen.

Meldungen ans Bürgeramt oder die MEG

Ulrich Dörr und seine Nachbarn versuchen es zäh mit Meldungen etwa ans Bürgeramt oder die MEG. Der ehemalige Führungsmann der IG Metall lebt seit zehn Jahren an der Schreinerstraße und stößt sich nach wie vor an „verschiedenen Missständen“, etwa zweckentfremdeten Papiercontainern, Rasern in verkehrsberuhigten Zonen, Trinkergrüppchen auf dem Spielplatz. „Immer, wenn es überhand nimmt, müssen wir die Verwaltung einschalten“, berichtet Dörr, „aber Nachhaltigkeit ist nicht vorhanden. Diese stadtnahe Wohngegend wird aufgegeben als Problemviertel, das ist eine Schande. Wir erfahren keine Hilfestellung, die dauerhaft wirkt.“

Kommunalwahlen 2014Mit anderen Entwicklungen kämpft Markus Herrschaft, Vorsitzender des SV Rot-Weiß Mülheim. Im Club trainieren vorwiegend Jugendliche aus Eppinghofen, jedoch immer weniger, was unter anderem daran liegt, das noch bis 2016 am Winkhauser Weg auf Asche gekickt werden muss.

"Bindung ans Vereinsleben"

Aber auch andere Gründe vermutet Herrschaft: „Die Bindung ans Vereinsleben ist bei vielen Familien nicht mehr so hoch, wie sie früher einmal war. Und dass die Hauptschule geschlossen wird, ist auch nicht gerade förderlich.“ Weder für den Sport, noch für die letzten kleinen Läden im Dichterviertel. Der Handel habe sich ohnehin immer mehr zur Eppinghofer Straße verlagert. Der SV Rot-Weiß verstärkt nun seine Jugendarbeit, mit neuen Leuten, Konzepten und Trainingsinhalten, mehr Turnieren, zu denen die internationalen Familien kommen.

In diesem Stadtteil geben sie eben trotz allem nicht auf.

Ausstellung bringt ein Stück Heimat ins Haus 

Wie lebt es sich in diesem Stadtteil der 86 Nationen? Der Frage fotografisch nachgegangen sind im vergangenen Jahr Laura, Beyza, Melisa, Ural, Tugay, Emre und Emrullah, sieben Jugendliche im Alter zwischen 15 und 22. Organisiert wurde das Projekt vom örtlichen Stadtteilmanagement, künstlerisch angeleitet von Manfred Zabelberg.

Aus den Motiven, die die jungen Leute auf der Straße, in Läden, Cafés oder Hinterhöfen fanden, entstand die Ausstellung „Leben in Eppinghofen“, die insgesamt 70 Bilder umfasst und durch Mülheim wandert. Zu Beginn war sie in der Dezentrale zu sehen, dann im Bürgeramt, seit gestern präsentieren die Jugendlichen eine Auswahl ihrer Fotos im Sankt Engelbertus-Stift.

Dort habe man sich um die Schau beworben, „weil die Fotos hier im Stadtteil entstanden sind und wir uns selber als Teil von Eppinghofen verstehen“, erklärt Alexander Banowski, der das Aktivteam der Senioreneinrichtung leitet. Man wolle „ein Stück Heimat ins Haus“ holen und die Bewohner auch motivieren, „die Stadt unter die Füße zu nehmen und vielleicht selbst mal die Dönerbude zu besuchen“.

Bis zum 27. Juni ist die Fotoausstellung im Café des Sankt Engelbertus-Stiftes, Seilerstraße 20, jederzeit zu sehen.