Mülheim. Am Superwahltag nächsten Sonntag gehen auch Migranten, Eingebürgerte und Spätaussiedler an die Wahlurnen. Erst im Dezember hat der Landtag die Gemeindeordnung geändert und damit den Kreis der Wahlberechtigten erweitert und die Bedeutung des Integrationsrates gestärkt.
Erst im vergangenen Dezember hat der Landtag die Gemeindeordnung geändert und dadurch die Wahl des Integrationsrates am Tag der Kommunalwahl möglich gemacht. Ziele waren dabei, den Kreis der Wahlberechtigten zu erweitern, zugleich den Integrationsrat aufzuwerten und die Wahlbeteiligung zu erhöhen.
Enver Sen ist einer, der sich viele Jahre für die Novellierung der Gemeindeordnung eingesetzt hat. Der Deutsche mit türkischen Wurzeln ist in Mülheim Vorsitzender des Integrationsrates und war 1996 Mitgründer des Landesintegrationsrates, dessen Vorstand er auch heute noch angehört. „Wir haben seit 1996 dafür gekämpft, dass alle Menschen mit Migrationshintergrund wählen dürfen.“ So ganz zufrieden ist der Sozialdemokrat allerdings nicht mit dem Ergebnis.
Zwar dürfen nun außer den Einwohnern mit Migrationshintergrund, sofern sie 16 Jahre alt sind und mindestens ein Jahr in Deutschland leben, auch Eingebürgerte und Spätaussiedler den Integrationsrat mitwählen – nur nicht automatisch. Da sie ja einen deutschen Pass haben, stehen sie für diese Wahl nicht im Wählerverzeichnis, sondern hätten dies eigens beantragen müssen. Die Frist dafür endete am 13. Mai.
24 Mitglieder werden gewählt, acht bestimmt der Rat
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Enver Sen hofft, dass am Sonntag möglichst viele Menschen mit ausländischen Wurzeln an die Wahlurnen kommen werden. Dafür wollen er und seine 70 Mitbewerber am kommenden Samstag auch noch einmal die Werbetrommel rühren. Der Integrationsrat plant von 10 bis 14 Uhr auf dem Kurt-Schumacher-Platz einen Infostand mit den Kandidaten. Es gibt zehn Listenvorschläge sowie fünf Einzelbewerber. Enver Sen ist wieder Spitzenkandidat der Liste Türk Toplumu. Durch die Bürger gewählt werden 24 Mitglieder des Integrationsrates, acht weitere werden durch die im Rat vertretenen Parteien bestimmt.
Kommunalwahlen 2014Eine fruchtbare Zusammenarbeit habe es hier in der letzten Wahlperiode geben, lobt der amtierende Vorsitzende. Die Aufgabe des Integrationsrates sieht er als Bindeglied zwischen den Migranten sowie dem Rat und der Verwaltung. Das Thema Schulbildung steht für ihn dabei oben an, aber auch der Übergang von Schule zu Beruf. „Wir müssen aufklären und beraten, damit die Migranten ihre Chancen wahrnehmen.“
Arbeit im neuen Integrationsrat wird nicht weniger
Die Arbeit wird auch für den neuen Integrationsrat nicht weniger werden. Da ist sich Enver Sen angesichts der neuen Zuwanderungswelle aus Osteuropa und anderer Teile der Welt sicher. Das neue Gremium müsse die interkulturelle Kompetenz stärken und das Miteinander erleichtern, hofft er auf eine hohe Wahlbeteiligung und Einigkeit bei den Zielen des Gremiums.
Drei Fragen an Enver Sen
Viel Kritik gibt es für die bevorstehende Rede des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan vor seinen Anhängern in Köln. Die WAZ sprach darüber mit Enver Sen, Vorsitzender des Integrationsrates und Vorstandsmitglied im Landesintegrationsrat.
1. Wie finden Sie es, dass Erdogan am Samstag in Köln redet?
Deutschland ist eine Vorzeige-Demokratie, die muss das verkraften. Erdogan ist gewählter Regierungschef und hat in Deutschland viele Anhänger. Ich bin Sozialdemokrat und zähle bekanntlich nicht dazu.
2. Was erwarten sie von seinem Auftritt in Köln?
Ich hoffe sehr, dass er versöhnliche Töne anschlagen und sich zurückhaltend äußern wird. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass er angesichts des Grubenunglücks in Soma, das so viel Schmerz und Leid über das Land gebracht hat, seine Reise verschoben hätte. Auch wegen der aufgeheizten Stimmung.
3. Wird es zu Protesten kommen?
Proteste gehören zu einer Demokratie dazu. Ich wünsche mir, dass es nicht zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen wird. Ich kenne viele, die nach Köln fahren wollen und sage allen, dass sie vernünftig bleiben sollen.