Mülheim. Selbst den Wahlkämpfern gefallen die Wahlplakate nicht. Sie könnten sich vorstellen, künftig auf die Plakate im Mülheimer Stadtgebiet zu verzichten. Am Mittwoch musste die Stadt der rechts gerichteten Partei “Pro NRW“ das Plakatieren erlauben. Bislang hatte “Pro NRW“ in Mülheim nur wild plakatiert.

Hier sprechen die Menschen miteinander über das, was sie umtreibt. Am Kiosk. Sind hier auch die Wahlplakate ein Thema? Präsent sind sie am Zeitungskiosk von Dorothea Schaaf sehr. Zwischen Forum und Kaufhof gelegen, kann man vom Kiosk aus viele Wahlslogans sehen, schließlich haben die Parteien in der City besonders stark plakatiert. Was hält Schaaf von dem Vorschlag, vor der nächsten Wahl sollten sich alle Parteien und Bündnisse darauf einigen, auf Wahlplakate zu verzichten? „Mein Eindruck ist, dass die meisten Menschen, die hier vorbeikommen, die Plakate überhaupt nicht wahrnehmen. Die wissen, es ist Wahlzeit, also hängen die Plakate hier, aber für die Botschaften interessieren sie sich nicht.“ Dem Vorschlag auf Verzicht könnte sie daher schon etwas abgewinnen.

Einen entsprechenden Vorstoß hatte am Dienstag die AfD unternommen. Bei der nächsten Wahl wolle man eine entsprechende Initiative starten, denn die Bürger seien augenscheinlich von „ der Verplakatierung der Stadt genervt“, begründete die Partei ihre Idee Das Bündnis für Bürger hat jetzt schon auf Plakate verzichtet. Dorothea Schaaf glaubt auch zu wissen, was die Bürger nerven könnte: „Da werden Dinge versprochen, von denen sowieso keiner glaubt, dass sie erfüllt werden. Das Schlimme ist daran, dass dadurch die politische Gleichgültigkeit immer mehr zunimmt und viele nicht zur Wahl gehen. Ich finde aber, dass man eine staatsbürgerliche Pflicht dazu hat. Und wenn man auch nur alles durchstreicht, hingehen muss man.“ Und dann hat die Kiosk-Besitzerin eine Idee: „Eigentlich müsste es doch genau umgekehrt sein. Die Bürger müssten auf Plakate ihre Forderungen schreiben. Die müssen sich dann die Politiker ansehen.“

Plakat-Kritik auch bei Parteien

Ein Ansatz, der bei den Parteien Anklang finden könnte? Jedenfalls sind diejenigen, die am Kurt-Schumacher-Platz gestern Nachmittag vor ihren Buden stehen, erstaunlich plakatkritisch für Partei-Aktivisten.

Kommunalwahlen 2014„Ich finde , dass wir darauf verzichten könnten“, sagt SPD-Mitglied Rudi Gerke. Er zeigt auf die Bude der CDU gegenüber: „Da steht auf dem Plakat .Für eine sichere und saubere Stadt.’ „Das könnte genauso gut von uns sein. Und umgekehrt gilt das auch.“ Das einzige was ihn an so einem Abkommen bedenklich stimmt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine radikale Partei wie Pro NRW sich daran hält. Und gegenüber der braunen Brut müssen die Demokraten Flagge zeigen.“ Auch sein Mitstreiter Hermann Knöner ist dieser Meinung: „Kommunal werden Menschen gewählt. Da kommt es auf das Gespräch an.“

Simon Ahls von der FDP ist auch dafür, die Zahl der Plakate zu reduzieren. Aber sein Einwand: „Plakate mit Kandidaten-Bildern helfen dabei, dass die wiedererkannt werden.“ Ramona Baßfeld von der CDU hat bereits jetzt schon auf Personen-Plakate verzichtet: „Die kommen nicht so gut an. Die Menschen kennen mich auch so.“ Auch sie setzt lieber auf das Gespräch.

Warum also noch plakatieren?

Und Pro NRW?

Zuletzt hatte Pro NRW auch am Kaiserplatz vor der Redaktion ohne Genehmigung plakatiert. Aus Protest hatte jemand auf Pappe einen Kommentar dazu geschrieben. Gestern war das Plakat von der als rechtsextremistisch geltenden Partei zwar verschwunden und an seiner statt warb dort das Bündnis für Bildung. Aber am Mittag kündigte die Stadt an, dass Pro NRW einen Antrag gestellt habe und nun ganz offiziell auch plakatieren könne. Theoretisch könnte das Ordnungsamt Anzahl und Orte einschränken. Man denke nur an den glücklosen Versuch an der Ruhrpromenade. Aber für die Rechten gilt gleiches Recht wie für alle anderen, versichert Ordnungsamtsleiter Bernd Otto. „Auch wenn mein Herz etwas anderes will.“ Ein formaler Antrag wurde gestellt, die Genehmigung wurde gestern erteilt, so dass keine weiteren Plakate von Pro NRW mehr entfernt werden.

Es gelten die selben Einschränkungen wie für alle anderen Parteien: keine Plakate an Bäumen, dort wo sie behindern oder im Verkehr die Sicht behindern. Eigentlich sind sie auch an Verkehrsschildern nicht zugelassen, woran sich allerdings kaum eine Partei hält. „Wir dulden das großzügig, so lange davon keine Gefährdung ausgeht“, sagt Otto.

Prinzipiell zu wenig Werbeflächen

Er sieht das Problem, dass es in der Stadt prinzipiell zu wenig Werbeflächen gibt und kann sich vorstellen, künftig die Pfosten der Verkehrsschilder frei zu geben. Teilweise hängen bis zu fünf Parteien ihre Plakate übereinander.

„Da gibt es doch ganz tolle Koalitionen, zumindest bei der Werbung“, stellt Bernd Otto fest und lacht. Nach diesen Wahlen am Sonntag will er sich mit den Parteien zusammen setzen und bereden, was sie erwarten, was möglicherweise geregelt werden müsse.

Aus seiner Sicht komme auch bei der Kommunalwahl mit den vielen Wählerbündnissen jeder zu seinem Recht, so dass er keinen weiteren Handlungsbedarf erkennt.