Mülheim. Vor rund fünf Jahren wurde das Aktionsbündnis “Raus aus den Schulden“ von 21 Städten aus NRW gegründet. Zusammen wollte man die Interesse der Kommunen bei Bund und Land besser durchsetzen. Nun soll das Projekt auch auf Städte aus anderen Bundesländern ausgeweitet werden.
Die Finanzmisere von (nicht nur) Mülheim hat auch Ursachen, die Städte kaum beeinflussen können. Es sind hohe Soziallasten, die vor allem Kommunen im Ruhrgebiet, im Bergischen Land und in Rheinland-Pfalz drücken.
2009 haben sich 20 NRW-Städte und sieben Landkreise zum Aktionsbündnis "Raus aus den Schulden“ zusammengeschlossen. OB Dagmar Mühlenfeld und ihr Wuppertaler Amtskollege Peter Jung als Sprecher hatten am Freitag deren Stadtoberhäupter und Finanzexperten zur Konferenz ins Mülheimer Rathaus eingeladen – und dazu Vertreter von 21 Städten aus anderen Bundesländern, die vergleichbare Sorgen plagen. „Wir wollen nun ein republikweites Bündnis aus der Taufe heben“, sagte Mühlenfeld. Ziel sei, „die Gestaltungskraft wiederzuerlangen“. Der Schulterschluss sei „ein wichtiges Signal“, ergänzte Jung.
Immer mehr Pflichtaufgaben
Das Werben des Bündnisses um bessere Finanzausstattung wird in anderen Rathäusern seit Jahren beobachtet. Zum Beispiel in Neuwied. Wie im Ruhrgebiet – so auch hier: „Bund und Länder übertragen den Städten immer mehr Pflichtaufgaben. Sozial- und Jugendhilfe drängen am meisten, nehmen uns den Spielraum. Das hat Auswirkungen auf das Leben jedes einzelnen Bürgers“, sagt Bürgermeister Nikolaus Roth.
Am Freitag forderte die Mülheimer Konferenz die Bundesregierung auf, Zusagen aus dem Berliner Koalitionsvertrag zur Entlastung der Städte einzuhalten. So dürfe die Übernahme von 5 Milliarden Euro Eingliederungshilfe für Behinderte durch den Bund nicht verschoben werden. Mühlenfeld und ihre Amtskollegen halten den Vertrag für eindeutig: „Das muss umgesetzt werden.“
Belastung der Kommune würde wachsen
Prof. Dr. Martin Junkernheinrich (Finanzwissenschaftler und Mitarbeiter des Aktionsbündnisses) mahnte, finanzielle Verbesserungen für klamme Städte nicht auf die lange Bank zu schieben: „Trotz guter Konjunktur sind viele NRW-Kommunen immer noch im Minus. Dass wir unsere Haushalte auch in guten Jahren nicht ausgleichen können, macht mich besorgt.“ Sollten die niedrigen Zinsen steigen, würden auch die Belastungen der Kommunen wachsen (2% Zinsplus kosten die NRW-Städte eine Milliarde Euro).
„Die strukturellen Defizite werden mit aller Härte zurückkehren.“ Er fordert „ein vernünftiges Konnexitäts-Gesetz“, sprich: Wenn Bund oder Land den Städten Aufgaben zuweisen, müssen sie auch die Kosten dafür übernehmen. Aber es gebe halt diesen Systemfehler, so Junkernheinrich: „Der Bund ist großzügig und lässt es andere ausbaden . . .“