Mülheim. . Der langjährige Auslandskorrespondent Hans-Peter Riese berichtete in der Realschule Broich in Mülheim am Montag von seinen Erlebnissen in Prag, Moskau oder Washington. Für die Jugendlichen versunkene Zeiten...
Václav Havel als regimekritischer Künstler in den Sechzigerjahren, später Michail Gorbatschow als neuer Mann an der Macht: Hans-Peter Riese hat diese Protagonisten und ihre Epochen als Rundfunkkorrespondent in Prag und Moskau erlebt. Am Montag war der 72-Jährige in der Realschule Broich zu Gast. Die Zehntklässler(innen) lauschten artig seinen bewegten Berufs- und Lebenserinnerungen, „aber im Grunde“, so eine Lehrerin, „können die Jugendlichen mit dieser Zeit gar nichts mehr anfangen“.
Riese erklärte den circa 16-Jährigen: „Ihr wachst in einem offenen Europa auf, aber demnächst wird es einen Rückschritt auf der Krim geben; ein Revival dessen, was die Ost-West-Grenze mal war.“ Einige Fragen hatte die Generation seiner Enkel dann aber doch, zum Beispiel:
Reisen Sie heute auch noch viel?
Hans-Peter Riese: Ja. Sonst wäre ich Rentner, würde nur zu Hause sitzen und die Zeitung lesen?
Als Journalist sollte man eine gute Menschenkenntnis haben. Sind Sie selber mal reingefallen?
Riese: Das ist ganz schwierig. Als Auslandskorrespondent weiß man nie, aus welchen Gründen jemand Nähe zu einem sucht.
Mussten Sie teils verdeckt arbeiten?
Riese: Nein. Ich habe mich nie mit irgendjemandem hinter einem Busch getroffen, denn was ich tat, war legal. Ich habe aber auch schon schlechte Erfahrungen gemacht, zum Beispiel hatte ich einen sehr, sehr netten und geschätzten Kollegen, bei dem sich herausstellte, dass er sowohl für den KGB als auch für die Stasi gearbeitet hat.
Wie lange leben Korrespondenten in einem Land?
Riese: Heute werden Verträge meist nur noch für drei Jahre gemacht, das hat Nachteile. Früher gab es Korrespondenten, die verbrachten ihr ganzes Leben an einem Ort, das hat auch Nachteile, denn man wird blind. Ich halte fünf bis sieben Jahre für ideal, dann sollte man wechseln.
Können Sie Ihren Beruf empfehlen?
Riese: Ja, kann ich. Allerdings ist es heute viel schwieriger geworden. Die Jobs liegen nicht mehr auf der Straße, die Bezahlung ist manchmal miserabel. Aber ich kann mir keinen Beruf vorstellen, der mehr Spaß macht.
War es schwer, Ihre Arbeit mit der Familie zu vereinbaren?
Riese: Ja, denn die Familie muss mit umziehen. Meine Tochter war ein Teenager, als wir nach Moskau gingen, und auf der deutschen Schule dort konnte man kein Abitur machen. Wir hätten sie auf ein Internat schicken können, aber da ich selber im Internat war, wollte ich das nicht. Also ist sie alleine zurück nach Bonn gegangen und hat mit 16 Jahren auf eigenen Füßen gestanden.