Mülheim. . Wenn kein „Saft“ mehr aus der Steckdose kommt, ist die Leitstelle der Westnetz GmbH schnell im Bild. Von Essen aus hat man das Stromversorgungsnetz der Stadt Mülheim im Blick. 24 Stunden am Tag.
Normalerweise kommt der Strom aus der Steckdose. Daran sind wir so sehr gewöhnt, dass wir nicht weiter darüber nachdenken. Und gehen zu Hause doch mal alle Lichter aus, warten wir genervt darauf, dass Kaffeemaschine und Radio wieder anspringen, dass wir duschen, fernsehen oder telefonieren können.
Stromausfälle kommen mehrmals im Jahr in Mülheim vor, die Ursachen sind ganz unterschiedlich. Wasser kann in ein Kabel eindringen und so für einen Kurzschluss sorgen – bei frostreichen Wintern ist das nicht selten, wenn dann das Tauwetter einsetzt. Oder der Klassiker: Bei Bauarbeiten wird versehentlich ein Kabel beschädigt. Natürlich müssen einzelne Kabel auch schon mal stromlos geschaltet werden, wenn daran oder in der Umgebung gearbeitet wird.
In der Essener Leitstelle der Westnetz GmbH hat man das Stromversorgungsnetz der Stadt Mülheim im Blick. Manfred Milz ist einer der Mitarbeiter, die das Netz 24 Stunden am Tag steuern und überwachen.
Die Stadt als riesiges Schaltbild
Die erzeugte Elektrizität, die zum Beispiel vom Müllheizkraftwerk in Essen-Karnap eingespeist werden kann, kommt mit über 100.000 Volt in einem der Mülheimer Umspannwerke in Saarn, Dümpten, Heißen oder Mülheim-Mitte an. Dort wird der Strom heruntertransformiert auf 10.000 Volt – das ist die so genannte Mittelspannung.
Westnetz-Verantwortung endet am Hausanschlusskasten
Das Stromnetz gehört der RWE Deutschland. Die Westnetz GmbH, eine 100-prozentige RWE-Tochter, betreibt für die RWE das Netz und sorgt für den Betrieb, die Wartung und die Entstörung des Netzes.
Am Hausanschlusskasten geht die Verantwortung für die Stromleitung von der Westnetz an den Gebäudeeigentümer über. Vom Anschlusskasten aus werden die einzelnen Wohnungen versorgt.
Der Strom verteilt sich über Mittelspannungskabel, die in der Regel in den Gehwegen liegen, auf die Stadtteile – zwischendrin wird auf 400 Volt heruntertransformiert. Dies geschieht in den so genannten Ortsnetzstationen, die jeder Mülheimer aus dem Straßenbild kennt: „Das sind diese Smart-großen grünen Kisten“, veranschaulicht es Westnetz-Sprecher Gerd Starkmann. Und von dort aus fließen dann die 400 Volt als Niederspannung über Abzweige in die Hausanschlüsse und versorgen die einzelnen Wohnungen mit Strom.
Das Mülheimer Mittelspannungsnetz kann sich Westnetz-Mitarbeiter Manfred Milz schematisch auf einer Art Großleinwand anschauen. Die Stadt als riesiges Schaltbild, auf dem man sehen kann, dass viele (Strom-)Wege zueinanderfinden können, wenn es irgendwo hakt, eine Störung vorliegt und der Stromfluss unterbrochen ist. Auf diversen Monitoren kann er zudem verfolgen, wo Kabel stromlos geschaltet sind, wo seine Außendienstkollegen, die Netzmonteure, arbeiten. Sie stehen im Telefonkontakt mit Milz, ständig wird sich ausgetauscht, vor Ort wird überprüft, ob ein Kabel spannungsfrei ist.
Netzmonteure haben rund um die Uhr Bereitschaftsdienst
„Bei unserem wabenförmigen, vermaschten Niederspannungsnetz kann man bei einer Störung durch das Umleiten des Stroms wieder alle versorgen“, erläutert Jörg Breuckmann, der die Netzarbeiten koordiniert. Vor Ort sorgen Netzmonteure an den Niederspannungsverteilerkästen, den kleinen grauen Kabelverteilerschränken, dafür, dass der Strom wieder fließen kann.
Wenn also, zum Beispiel, bei Tiefbauarbeiten ein Kabel beschädigt wird, so stoppt ein „Leistungsschalter“ – das ist so etwas wie die Sicherung zu Hause, erklärt Manfred Milz – den Stromfluss. „Hinter dem Schalter“, erklärt er, „ist dann der Fehler.“ Die Suche danach kann auch mal etwas dauern: Die Netzmonteure haben zwar rund um die Uhr Bereitschaftsdienst, geschieht eine Störung aber des nachts oder gerade im dicksten Berufsverkehr, müssen sie die Stelle ja auch erst einmal selbst erreichen, um den Fehler beheben zu können. Und manchmal muss ein Kabelmesswagen zunächst den Fehler im Kabel suchen.
Bei Betrachtung des Mittelspannungsnetzes fallen auch Ausläuferstationen auf, also quasi Sackgassen im Netz. Was geschieht, wenn dort ein Stromausfall alles lahmlegt und nicht mehr durch Umleitungen Strom herbeigeführt werden kann? „Dann lassen wir im Zweifelsfall ein Aggregat kommen“, so Gerd Starkmann. Ein mobiler Dieselmotor, der eben auch Strom erzeugen kann.