Mülheim. . Die Leiharbeitnehmer von Salzgitter Mannesmann Grobblech haben die Nase voll. Erst mussten sie sich fast zehn Jahre lang mit einer Verkettung befristeter Arbeitsverträge durchschlagen. Jetzt, da es im Unternehmen kriselt, sollen sie gehen. Kündigungsschutz haben sie ja nicht.

Weihnachtszeit, Zeit der Besinnung. Für die Leiharbeitnehmer von Salzgitter Mannesmann Grobblech (MGB) beginnt nun, da ihre Tage im kriselnden Großunternehmen gezählt sind, allerdings die Zeit der Abrechnung. Mit dem Gesetzgeber, mit dem Arbeitgeber, mit dem Betriebsrat, mit der eigenen Gewerkschaft. Sie, die nach Jahren immer wieder neu befristeter Leiharbeit nun entgegen anderslautender Versprechen gehen sollen, haben die Nase gestrichen voll.

Am Montagabend ist ein Teil der gut 40 Leiharbeiter von Salzgitter Mannesmann Grobblech bei der Montagsdemo auf dem Kurt-Schumacher-Platz zugegen. Sie halten Pappen vor ihre Körper, mit denen sie ihrem Protest Ausdruck verleihen: „Neun Jahre pünktlich zur Arbeit, jetzt zum Arbeitsamt“, steht da mit Edding auf einem geschrieben. „Leiharbeit ist Sklaverei!“

Versprechen sind in Krisenzeiten wertlos

Bei MGB wird nun traurige Realität, was manch einer längst befürchtet hat: Zu Krisenzeiten können sich die Rechtlosen nicht mehr an ein Versprechen klammern, das ihnen vor zig Jahren einmal gegeben worden ist. Genau genommen im Jahr 2005: In diesem Jahr schloss die Mannesmannröhren-Werke Qualifizierungsgesellschaft (die Konzern-Leiharbeitsfirma) einen Haustarifvertrag mit der IG Metall. Mit diesem hebelten die Verhandlungspartner seinerzeit die gesetzliche Regelung aus, wonach Arbeitsverträge nur bis zu einer Dauer von zwei Jahren bei maximal drei Verlängerungen während dieser Zeit zu befristen sind.

Zeitarbeit als „moderne Sklaverei“

Bei der Montagsdemo war ein ehemaliger Leiharbeiter von MGB zugegen, der mit seinem Anwalt Frank Stierlin gegen die Leiharbeitspraxis bei MGB klagt – und auf einen Termin beim Bundesarbeitsgericht wartet. Stierlin kritisiert, dass die betroffenen Leiharbeitnehmer jetzt nicht einmal Anspruch auf einen Sozialplan oder Abfindungen hätten.

Solidarität mit Betroffenen erklärte das Bündnis „WIR AUS Mülheim“. Deren Mitglied und MGB-Mitarbeiter Hans Rommel nannte Zeitarbeit „die moderne Sklaverei“ – „eine Sauerei“.

Ausnahmen lässt das Teilzeitbefristungsgesetz nur zu, wenn sie Arbeitgeber und Gewerkschaften aushandeln. So geschehen bei MGB. So gibt es in der benannten Qualifizierungsgesellschaft heute Mitarbeiter, die seit 2005 ununterbrochen, aber immer wieder befristet, für MGB als Leiharbeiter wirken.

Lediglich dreimonatige Verlängerung

Sie haben keinen Kündigungsschutz – und sollen nun, da bei MGB Auftragsflaute herrscht, gehen. Und das, obwohl im Haustarifvertrag auch geregelt ist, dass bis 2017 peu à peu Leiharbeitnehmer feste Arbeitsverträge bei MGB bekommen sollen. Wem dieses Glück noch nicht zuteil wurde, steht möglicherweise schon bald auf der Straße. Viele Verträge laufen Ende 2013 aus, der Arbeitgeber bietet als „soziale Abfederung“ lediglich eine dreimonatige Verlängerung.

„In neun Jahren hatte ich einen einzigen Krankenschein und zwölf Fehltage, ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Jetzt stehe ich dumm da im Alter von 49“, klagt ein Betroffener. „Warum hat die IG Metall das zugelassen“, fragt ein anderer, der sich auch von Betriebsrat und IG Metall im Stich gelassen fühlt. „Die tun nichts für uns, lassen sich verleugnen.“