Mülheim. Die Geschäftsführung des Düsseldorfer Flughafens hat jetzt bei einer Informationsveranstaltung in der Stadthalle deutlich gemacht: Wir brauchen mehr Flexibilität und mehr Gewinne. Bei lärmgeplagten Mülheimern stieß sie damit nicht auf offene Ohren.

Eine Anwohnerin vom Oppspring listet ihr Leid vor rund 200 Besuchern in der Stadthalle minutiös auf. Sie schildert einen Tag im Oktober. Um 6.03 Uhr düst die erste Maschine über ihr Haus, 6.06 die nächste, 6.09, 6.13. So geht es weiter, nahezu im Minutentakt. „Und wir haben das Gefühl, die fliegen durch unseren Garten.“ Mehr Flieger seien nicht auszuhalten. Sie bekommt Beifall. Die Flughafenchefs aus Düsseldorf hatten eingeladen, um darüber zu informieren, was sie vorhaben – mehr Flüge pro Stunde.

Für Flughafen-Geschäftsführer Thomas Schnalke ist das kein einfacher Job an dem Abend. Er weiß das, er kennt die wachsende Kritik am Fluglärm, weiß um die Sorgen der Bürger in den umliegenden Städten, die abends nicht in den Schlaf finden und morgens viel zu früh aus den Träumen gerissen werden, weil der Flugbetrieb in Düsseldorf kaum ruht. 219.000 Flugbewegungen sind es im Jahr, 252.000 wären als genehmigt möglich. Und jetzt kommt die Geschäftsführung daher und will an etlichen Tagen – bei Bedarf – auf bis zu 1000 Flugbewegungen gehen. Schnalke spürt viele Emotionen, auf Einsicht kann er nicht hoffen.

Zweibahnverkehr ist durch Angerland-Vertrag begrenzt

„Sie können die Menschen doch nicht noch weiter belasten, damit es dem Flughafen wirtschaftlich besser geht“, betont Wolfgang Budde, der in Mintard lebt. Schnalke verspricht Ehrlichkeit, Transparenz. So ganz glaubt das mancher nicht an dem Abend, zumal Zahlen auf Nachfragen korrigiert werden – nach oben. Unumwunden gibt der Geschäftsführer zu: „Der Flughafen muss mehr Geld verdienen.“ Er müsse den Wirtschaftsstandort NRW sichern, er müsse Verbindungen in die Länder ausbauen, wo die wirtschaftliche Entwicklung anzieht, also in Asien. Er müsse Nachfragen erfüllen, Arbeitsplätze sichern und schaffen. All das sei nur möglich, wenn der Flughafen flexibler reagieren könne.

Rat soll sich gegen mehr Flugbewegungen stemmen

Auf Initiative der Grünen wird sich der Rat der Stadt im Dezember mit der geplanten Kapazitätserweiterung am Flughafen Düsseldorf befassen. Wie in Essen wird auf einen interfraktionellen Antrag gesetzt, in dem eine Kapazitätserweiterung von derzeit 45 auf 60 Flugbewegungen in der Stunde abgelehnt werden soll.

„Wir hoffen auf eine parteiübergreifende Ablehnung von noch mehr Lärm im Mülheimer Stadtgebiet durch den vom Flughafen Düsseldorf ausgehenden Flugverkehr“, sagt Hubert Niehoff, Vorsitzender des Umweltausschusses. Damit soll Richtung Landesregierung signalisiert werden, dass die Belastungsgrenzen beim Fluglärm bereits überschritten sind. Über den Antrag des Flughafens muss das Verkehrsministerium des Landes entscheiden. Die Bedenken der umliegenden Städte und die Sorgen der Bürger müssen dabei berücksichtigt werden.

Auch die SPD machte jetzt bei einer Veranstaltung des Flughafens in der Stadthalle deutlich: „Wir lehnen noch mehr Flugbewegungen und damit noch mehr Lärm für die Bürger entschieden ab“, so die Bürgermeisterin Renate aus der Beek.

Aus Sicht der Grünen müsste statt dessen in den lärmsensiblen Morgen- und Abendstunden eine Reduzierung der Flugbewegungen erfolgen. „Eine Flexibilisierung und eine moderate Steigerung der Flugbewegungen am Tage dürfen nur ermöglicht werden, wenn es zu einer Reduzierung in den Randbereichen und in der Nacht kommt“, heißt es in dem Entwurf zum interfraktionellen Ratsantrag.

Niehoff, der auch Mitglied der Fluglärmkommission ist, hält die Angebote des Flughafens zur Lärmreduzierung für unzureichend.

Flexibilität bedeutet für die Flughafen-Manager auch, dass die Nordbahn den Bedürfnissen entsprechend genutzt werden kann. Doch der Zweibahnverkehr ist mit dem sogenannten Angerland-Vertrag begrenzt: Die zweite Bahn, die Nordbahn, darf nur als Ersatzbahn, und das nur an 50 Prozent der Betriebsstunden am Tag genutzt werden. Die Bezirksregierung muss dem jeweils zustimmen. Maximal sind derzeit auf beiden Bahnen in der Stunde bis zu 45 Bewegungen möglich. Künftig will der Flughafen 60 Bewegungen realisieren können und die Begrenzungen der Nordbahn auf 50 Prozent der Betriebsstunden jährlich und nicht mehr wöchentlich abrechnen, ohne den Vertrag zu verletzen. Bürger und Initiativen sehen damit den Angerland-Vertrag unterlaufen und fürchten gerade im Sommer maximale Belastungen von bis zu 180.000 Flugbewegungen in sechs Monaten.

Sprecher wirbt für Recht auf Schlaf

Schnalke betont dagegen, dass der Flughafen mit der größeren Flexibilität gerade auch Verspätungen in den Abendstunden verhindern will. Außerdem würde der Flughafen Verspätungen für die Fluggesellschaften sehr teuer machen. Können Flugzeuge nicht andere Routen nehmen, steiler starten und landen, um Lärm zu vermeiden? fragen Bürger. Es werde getestet, heißt es.

Für das Recht auf Schlaf wirbt der Sprecher des Netzwerkes gegen Fluglärm, Waldemar Nowak, und damit für Gesundheitsschutz, der höher zu bewerten sei als Wirtschaftlichkeit. Es gibt da Beifall.