Mülheim. .

Gerade einmal 26 Jahre ist der Mülheimer Benjamin Traub geworden, als ihn die Nationalsozialisten in Hadamar durch Gas hinrichteten. Traub litt unter Jugendschizophrenie. Für die Nazis gehörte er deshalb zum „unwerten Leben“. Nachlesen kann man dieses und andere Schicksale im erschreckenden Kapitel zur Euthanasie unter der NS-Diktatur, das zu den neuen Aspekten der Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Mülheim – 1933-45“ zählt. Gestern eröffnete sie im historischen Rathaus.

„Wiedereröffnet“ müsste man eigentlich sagen, denn die Ausstellung über die NS-Zeit in der Ruhrstadt hat bereits mehr als 30 Jahre auf dem Buckel. „Sie war 1981 Vorreiter in der Auseinandersetzung der Ruhrgebietsstädte mit ihrer Geschichte“, lobte OB Dagmar Mühlenfeld, und habe Zeichen gesetzt, die andere Städte aufnahmen.

Verfolgung von Mülheimer Frauen

Kurz und knackig ist dieser Rundumschlag gegen den Faschismus geworden: Zwölf Aufsteller zeigen etwa wie die Mülheimer Frauen Anna Bergmann, Katharina Metes und Selma Brohn für ihre Gesinnung oder Herkunft schonungslos verfolgt wurden. Die Kollaboration Mülheimer Industrieller wie Stinnes und Thyssen mit den Nazis wird ebenso genannt, wie auch neuere Erkenntnisse, demnach etwa Hugo Hermann Stinnes jüdische Menschen mit Handelsschiffen nach Amerika brachte, und sie vor den Faschisten rettete. Auch Thyssen brach letztlich mit Hitler.

Neu sind die Kapitel zur Euthanasie und zu der Verfolgung von Sinti und Roma. Selbst, wenn hier die Zahlenlage unsicher ist – man geht von 100.000 bis 500.000 Sinti und Roma aus, die von Faschisten in Konzentrationslagern hingerichtet wurden, für die Stadt Mülheim speziell lässt sich gar keine genaue Zahl der Opfer nennen, ist es dennoch wichtig, auch diese Verbrechen nicht zu verschweigen.

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Für die inhaltlich dichte, gut bebilderte und transportable Darstellung haben der verstorbene Künstler Klaus Wichmann und Barbara Bays gesorgt. Gelungen ist, dass viele Verfolgte auf Fotos zu sehen sind und damit den Opfern ein Gesicht gegeben wird. Der Aspekt, mit den Aufstellern flexibel zu sein, ist den Initiatoren, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), ein wichtiger gewesen, denn nur so ist die Zielgruppe der jungen Menschen etwa an Schulen erreichbar. Dass diese Arbeit der Aufklärung lange nicht erledigt ist, machte zur Eröffnung Helmut Hermann vom VVN am traurigen aktuellen Beispiel NSU deutlich: Dass sich ausgerechnet der Verfassungsschutz verdächtig gemacht habe, die rechtsextreme NSU zu unterstützen, sei erschreckend.