Mülheim.

Früher wurde Jürgen Dahles oft erst gerufen, wenn die Wertsachen schon weg waren: Jahrelang bearbeitete der Mülheimer Kriminalhauptkommissar Wohnungseinbrüche. Nun ist er in der Abteilung „Technische Prävention“ im Polizeipräsidium Essen tätig, gibt Ratschläge, damit kein unerwünschter Besuch ins Haus kommt.

Wir haben Herbst, die Tage werden kürzer. Steigt die Einbruchgefahr jetzt tatsächlich, oder glauben die Leute das nur?

Jürgen Dahles: In der dunklen Jahreszeit ist das Risiko deutlich höher. Die Haupteinbruchszeit liegt zwischen 14 und 18 Uhr, wenn die Menschen unterwegs sind, aber es schon anfängt, dunkel zu werden.

Welchen Einstieg wählen die meisten Täter? Fenster oder Tür?

Dahles: Am häufigsten aufgebrochen werden rückwärtige Fenster und Terrassentüren, wo sich die Einbrecher am wenigsten gestört fühlen. Vor allem in Mehrfamilienhäusern greifen die Täter auch durchs Treppenhaus an, nachdem sie bei mehreren Parteien gleichzeitig geklingelt haben. An Sprechanlagen gibt es ein paar Schlüsselwörter, bei denen die Leute aufdrücken: „Post“ zum Beispiel.

Und draußen auf der Straße wartet ein Komplize im Lieferwagen, um Laptop und Flachbildfernseher abzutransportieren?

Dahles: Große Gegenstände werden selten geklaut. Ein Wohnungseinbrecher nimmt meist Dinge, die er in den Hosen- oder Jackentaschen verschwinden lassen kann. Schmuck, Bargeld. So kann er sich unauffällig bewegen.

Aber größere Mengen Bargeld hat man doch heutzutage gar nicht mehr zu Hause?

Dahles: Das denken Sie. Aber gerade ältere Leute haben zum Teil Tausende von Euro in ihrer Wohnung. Oft werden auch noch die klassischen Verstecke gewählt, die Einbrecher natürlich auch kennen. Etwa zwischen der Wäsche im Schlafzimmerschrank.

Gab es in Ihrem bisherigen Berufsleben als Polizist einen Fall, der sie wirklich verblüfft hat?

Dahles: Ja. An einem Mehrfamilienhaus in Mülheim ist mal ein Täter am Regenfallrohr bis in die 4. Etage geklettert, zwölf Meter hoch, und hat ein Fenster aufgehebelt.

Wie kam er wieder runter?

Dahles: Durch die Wohnungstür.

Einbrecherbanden werten auch Facebook aus

Wie haben Sie Ihr eigenes Zuhause geschützt? Sicher vorbildlich. . .

Dahles: Wir wohnen in einem Einfamilienhaus. Dort habe ich überall, auch im ersten Stock, einbruchshemmende Fenster einsetzen lassen und eine entsprechende Haustür. Dafür muss man jeweils mit 20 % Aufpreis rechnen.

Was noch?

Dahles: Damit unser Garten nicht ganz im Dunklen liegt, stehen dort mehrere Lampen mit Dämmerungsschalter, die automatisch angehen. Außerdem berücksichtige ich einige ganz wichtige Verhaltensregeln.

Verraten Sie uns, welche?

Dahles: Die Haustür wird immer zweimal abgeschlossen. Kein Fenster bleibt auf Kipp. Und wenn ich verreise, achte ich darauf, dass der Briefkasten nicht überquillt. Man sollte seinen Urlaub nicht auf dem Anrufbeantworter bekannt machen oder, kaum ist man auf Mallorca, sofort Ferienfotos auf Facebook posten.

Glauben Sie, Einbrecherbanden kundschaften Facebook aus?

Dahles: Wir wissen, dass soziale Netzwerke ausgewertet werden, und dann versucht man, Rückschlüsse auf den Wohnort zu ziehen.

Klingt relativ clever. Und welcher war der dösigste Täter, dem sie als Polizist begegnet sind?

Dahles: Einmal haben wir am Tatort einen Personalausweis gefunden, den der Einbrecher verloren hatte. Er wurde dann schnell gefasst.

2013 bislang deutlich weniger Fälle in Mülheim

Die jährliche Zahl der Wohnungseinbrüche in Mülheim schwankt stark. Während die Polizei 2011 genau 599 Fälle registrierte, waren es 2012 plötzlich 768. Bis einschließlich September 2013 wurden 382 Einbrüche gemeldet; im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Rückgang von 66 Prozent.

Dahles: Eine greifbare Erklärung für diese Zahlensprünge hat die Polizei nicht. Die Einbruchshäufigkeit in einer Stadt sei auch vom Zufall abhängig, meint Jürgen Dahles. „Man darf Mülheim nicht isoliert betrachten, sondern muss das gesamte Ruhrgebiet im Blick haben. Die Täter sind meist überörtlich aktiv.“

Die Polizeiliche Beratungsstelle im Präsidium Essen, Büscherstr. 2-6, berät kostenlos. Nähere Infos und Terminvereinbarung: Tel. 0201/829-4444.