Mülheim. . Der Mülheimer Wilhelm Knabe, der Mitbegründer Grünen, wird am Dienstag 90 Jahre alt. Die Gefahren für die Natur bezeichnet der Experte für Waldschäden nach wie vor als dramatisch. Seine Warnung: Wohlstand hat nur bedingt etwas mit materiellen Werten zu tun.
Das passt: Der Mitbegründer der Partei der Grünen und Forstwissenschaftler Wilhelm Knabe lebt im Grünen. Rumbachtal. Vor seinem Haus ragt ein Riesen-Mammutbaum in die Höhe. „Den habe ich 1967, als wir hier einzogen, gepflanzt“, erzählt er und stellt sich für das Pressefoto dicht an die Rinde. Bäume und Knabe – das ist ein wichtiges Kapitel in seiner Biografie. Knabe wird Dienstag 90 Jahre.
Auch das passt zu einem 90-Jährigen, der geistig sehr rege ist und körperlich einen fitten Eindruck macht: Neben seiner Eingangstür stehen zwei mannshohe Stöcke, etwas dickere Äste, leicht bearbeitet. Seine Wanderstöcke. „Ich gehe jede Nacht in die Natur wandern, so eine halbe Stunde“, erzählt der Hausherr und ist überzeugt, dass Bewegung ein Gesundbrunnen ist.
Ein Politischer Mensch
Ein Naturmensch wurde der in der damaligen DDR geborene Sohn eines Pfarrers sehr früh: Er berichtet, wie er als Kind Turmfalken, Bussarde beobachtet, ihre unterschiedlichen Fangstrategien bewundert habe. Forstwirtschaft studierte Wilhelm Knabe gleich nach dem Krieg, in Dresden. Da war er auch schon ein politischer Mensch, der früh die Umweltgefahren für die Natur erkannt hatte und wusste, dass er nur als Wissenschaftler wenig bewegen konnte. Die Sorgen sind bis heute geblieben. Den Wandel durch die Klimaveränderungen nennt der Experte für Waldschäden dramatisch und Angst einflößend.
Knabe gehörte als Student der Ost-CDU an, referierte vor Lehrern über Umweltschutz. Als er Ende der 50er Jahre in den Westen kam, war er eine Art stilles Mitglied in der Union. Mit Gleichgesinnten hatte er längst erkannt: „Es fehlt eine politische Kraft, die sich den Erhalt der Erde zum Ziel gesetzt hat.“
Die Ökonomie dominierte alles
Also schrieb Knabe später in den 70er Jahren an die CDU, an die SPD, an die FDP, er schrieb über grüne Themen, über Umweltschutz und bot sich an, bei der politischen Aufbereitung von Umweltthemen behilflich zu sein: Man habe ihm zwar nett geantwortet, „aber ernsthaft interessiert war keiner“. Die Ökonomie dominierte alles, erinnert er sich, den Wohlstand hätten die Parteien rein materiell gesehen. Nachhaltigkeit sei gar kein Thema gewesen. Dabei ist Knabe überzeugt, dass es auch schon damals in jeder Partei Umweltpolitiker gab, nur eben ohne Gehör, ohne Stimme -- und das in den eigenen Reihen.
Ins Ruhrgebiet kam er, weil das Land hier jemanden suchte, der sich mit Waldschäden befasste, mit Haldenbegrünung. Für ihn eine reizvolle Aufgabe. Politisch wirkte er fort etwa im Widerstand gegen den Ausbau der A31 in Richtung Süden. 100.000 Unterschriften hätten sie damals gesammelt. Er engagierte sich in Bürgerinitiativen, brachte die Grüne Alternative Liste auf den Weg. Dass die Autobahn gen Süden nicht gebaut wurde, wertet Knabe als Erfolg für die Menschen.
Mondlandschaften begrünen
Dass er an der Gründung der Grünen entscheidend mitgewirkt habe, erfüllt ihn heute mit etwas Stolz. Aber nicht nur das. Auch dass manche „Mondlandschaft“ begrünt werden konnte, dass er als Wissenschaftler an Grenzwerten mitgearbeitet habe mit der Folge, dass die Luft sauberer, der Wald gesünder geworden sei. Und: Fünf Jahre pflegte er seine Frau. Im Rückblick empfindet er es als eine Art Belohnung.
Den Grünen gibt er als Umweltpartei in jedem Fall eine Zukunft. Der Welt auch, wenn sich die wohlhabenden Länder darauf besinnen würden, dass Wohlstand nur bedingt etwas mit materiellen Werten zu tun habe, und alle Kraft daran setzten, Risiken zu minimieren.
Auch er versucht, Risiken zu minimieren, und schildert die Unebenheit der Waldwege mit ihren Wurzel, mit ihren Erhöhungen und Vertiefungen. Wer dort laufe, trainiere auch sein Gleichgewicht. Das passt zu einem, der in seinem Leben selten ebene Wege fand.