Düsseldorf/Mülheim. .

Während Mülheim weiter auf Zinswettverlusten von mehr als 10 Mio. Euro sitzt und nach WAZ-Risikoberechnung weitere 10 Mio. Euro zu verlieren droht, hat die Kleinstadt Ennepetal am Montag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einen Erfolg gefeiert: Für ihre verlustreichen Wetten mit der alten West LB wurde Ennepetal voller Schadenersatz zugesprochen. Gut 9,35 Mio. Euro sind für die dortige Stadtkasse gerettet.

Das OLG bestätigte das Urteil der ersten Instanz vollumfänglich. Demnach stellte es für vier Wetten der Stadt Ennepetal mit der West LB fest, dass die auf Steuerzahlerkosten in Abwicklung befindliche Landesbank (Erste Abwicklungsanstalt) ihre Beratungspflichten gegenüber der Stadt rechtswidrig verletzt hat. Die West LB hatte nicht darüber aufgeklärt, dass in die Wettgeschäfte von Beginn an eine Gewinnmarge für die Bank eingepreist war. Wer über diesen „anfänglich negativen Marktwert“ und den eigenen Interessenkonflikt nicht aufkläre, so das Gericht, sei schadenersatzpflichtig.

Kämmerer zog erfreuliche Bilanz

Noch vor einem richtungsweisenden Urteil des Bundesgerichtshofes im März 2011, in dessen Zuge die WAZ auch das unter der Decke gehaltene Mülheimer Wettdesaster aufdeckte, hatte Ennepetal seine Klage eingereicht – und seine Verlustzahlungen an die West LB eingestellt. Ennepetals Kämmerer Dieter Kaltenbach zog nun erfreut Bilanz: Bereits angelaufene Verluste in Höhe von 4,2 Mio. Euro, darauf rund 450 000 Euro Zinsen und weitere 4,7 Mio. als künftig drohender Verlust blieben der Stadt nun erspart. „Unter dem Strich gehen wir nun plus/minus Null aus den Geschäften.“

In seinem Wettpaket hielt Ennepetal auch eine Wette auf den Wert des Schweizer Franken (hier klagt mittlerweile auch Mülheim). Bestandteil der Klage waren aber auch einfacher strukturierte Zinsswaps, für die Mülheim eine Klage erst als aussichtslos ausgeschlossen hatte und noch zuletzt scheute. Das OLG bestätigte nun aber, dass Banken auch bei weniger komplexen Wetten darüber aufklären müssen, „dass [...] zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses ein Verlust zu Lasten der Stadt als wahrscheinlicher galt“.

Urteil mit Signalwirkung

Das OLG-Urteil dürfte diejenige Signalwirkung haben, auf die Mülheim zuletzt noch warten wollte, um über die Ausweitung ihrer Klage gegen die „West LB“ zu entscheiden. Das Gericht ließ am Montag übrigens keine Revision zu. Es stellte klar, dass es einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht mehr bedürfe. Der Bundesgerichtshof habe seine Grundsätze in der Sache schon mit seinem Urteil vom März 2011 deutlich gemacht.

„Das Urteil des Oberlandesgerichtes dürfte als erstes obergerichtliches Urteil Auswirkungen auf andere Geschädigte haben, die derzeit (noch) keine Verfahren gegen die Erste Abwicklungsanstalt eingeleitet haben“, nahm Dr. Jochen Weck von der Münchner Kanzlei Rössner Rechtsanwälte Stellung. Weck hatte 2011 das Urteil des Bundesgerichtshofes erstritten und wohnte am Montag der Urteilverkündigung zu Gunsten Ennepetals bei. Er sprach von „Handlungsdruck“, der auf Kommunen wie Mülheim laste, nun umfassend Schadenersatz einzufordern.

Jens Mäkel, als Fachanwalt der Kanzlei Donner & Partner für die Stadt Ennepetal erfolgreich, sagte zur WAZ, das OLG-Urteil werde hoffentlich „Bewegung bringen“. Zu hoffen sei, dass das Land NRW und die Sparkassen, die hinter der West LB-Abwicklung stehen, nun mehr Bereitschaft zeigten, den ­geschädigten Kommunen in Vergleichsverhandlungen entgegenzukommen und sie von bestehenden Verträgen freizustellen.