Düsseldorf. . Das Düsseldorfer Landgericht hat im Streit um geplatzte riskante Zinswetten vieler NRW-Städte gegen die WestLB geurteilt. Die Beratung der ehemaligen Landesbank war nicht ausreichend. Das Urteil macht auch anderen Kommunen Hoffnung, die auf der Suche nach Zinsoptimierungen viel Geld verloren hatten.

Riskante Zinswetten kommen viele NRW-Städte nicht so teuer zu stehen wie befürchtet. Der Ennepe-Ruhr-Kreis und die Gemeinden Übach-Palenberg und Kreuztal setzten sich am Freitag vor dem Düsseldorfer Landgericht in weiten Teilen gegen die einstige Landesbank WestLB durch und müssen nun doch nicht Verluste von mehr als 50 Millionen Euro befürchten.

Die Kommunen seien bei sogenannten Swap-Geschäften als Wettgegner der Bank in komplexen Zinsgeschäften nicht korrekt beraten worden, urteilte das Gericht. Die Entscheidung über Klagen von Hattingen und Oer-Erkenschwick wurden zunächst vertagt. Insgesamt prozessieren zurzeit mehr als 30 Kommunen vor verschiedenen NRW-Gerichten.

FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel forderte einen zukünftigen Verzicht auf spekulative Finanzprodukte bei der öffentlichen Hand: „Bei der Finanzierung öffentlicher Haushalte sollte auf derlei Risiken spekulativer Finanzprodukte verzichtet werden.“ Der Finanzminister und der WestLB-Nachfolger Portigon AG hätten „die rechtlichen und ökonomischen Risiken dieser Zockerei viel zu lange unterschätzt“, so Witzel. Aufgrund der Fülle von Klagen von Kommunen haben die WestLB-Nachfolger offenbar Rückstellungen in dreistelliger Millionenhöhe gebildet.

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Der Bund der Steuerzahler NRW riet allen Stadtverwaltungen, noch einmal in die Kreditverträge zu schauen: „Die Kommunen sollten umgehend prüfen, ob sie in den Vertragsunterlagen und Beratungsprotokollen umfassend über das schwer einschätzbare und hohe Risiko informiert wurden und ob die Bank die Fachkunde des Kämmerers überprüft hat“, sagte Rik Steinheuer vom Vorstand des Steuerzahlerbundes.

Suche nach immer neuen Möglichkeiten, Zinsen zu optimieren

„Aktives Schuldenmanagement“ galt in der Kommunalpolitik lange als Zauberformel. Viele Rathäuser betrachteten Derivate als geeignetes Mittel, um Zinsrisiken zu mindern. Auf den NRW-Kommunen lastet ein Gesamtschuldenberg von mehr als 58 Milliarden Euro. Besonders rasant angestiegen sind die sogenannten Kassenkredite, mit denen sich Städte – vergleichbar mit einem Dispokredit für Privathaushalte – zahlungsfähig halten.

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Seit Jahren suchen die Kämmerer nach immer neuen Möglichkeiten, Zinsen zu optimieren. Ein beliebtes Instrument: Man tauscht einen günstigen, aber variablen Zinssatz seiner Kreditbank gegen einen festen, aber etwas höheren Zinssatz eines anderen Instituts. Viele Kommunen sind zudem dazu übergangen, Fremdwährungsdarlehen etwa in Schweizer Franken aufzunehmen. Da Zins und Tilgung nicht in Euro zu erbringen sind, locken Wechselkursgewinne. Oder eben nicht. Die Euro-Krise mit historisch niedrigen Zinsen und die parallel massive Aufwertung des Schweizer Franken hat vielen Kämmerern die Haushaltspläne durchkreuzt.

Städte verließen sich allein auf Schulungen der WestLB

Eine ebenso große Verlockung waren hochkomplexe „Zinsswaps“, die bei ungünstiger Marktentwicklung zu erheblich steigenden Zinszahlungen führen können. Das Innenministerium als Kommunalaufsicht hat den Städten derartige Finanzakrobatik ausdrücklich per Erlass gestattet, aber zur „Risikobegrenzung“ und zum „sorgfältigen Umgang“ gemahnt.

Viele Städte verließen sich offenbar allein auf Schulungen der untergangenen WestLB, in denen den Kämmerern „Simualtionsrechnungen“ für schlechte Tage präsentiert worden sein sollen. Eine ernsthafte Warnung vor Risiken und Nebenwirkungen? Die Stadt Remscheid, die durch Zinswetten 20 Millionen Euro verlor und bislang erfolglos klagte, ist verbittert. Die WestLB sei eine öffentliche Bank gewesen, klagte Stadtdirektor Burkhard Mast-Weisz, „und wir hatten dort natürlich auch ein besonderes Vertrauen“.