Mülheim. . Seit einem Jahr werden in Mülheim Gewalttätern die Führerscheine als Strafe entzogen. In den meisten der insgesamt 169 Fällen handelt es sich um häusliche Gewalt. Wenn es sich dabei um jugendliche Gewalttäter handelt, kann das Bürgeramt sogar die Ausstellung einer Fahrerlaubnis verweigern.

Wer raubt, prügelt, aggressiv beleidigt, riskiert in Mülheim seine „Fleppe“: Führerscheinentzug als Strafe für Gewalttäter (auch wenn das Punktekonto nicht überzogen ist), wird hier seit einem Jahr praktiziert. Die Bilanz: Überwiegend hat häusliche Gewalt zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt. „Damit hätte ich in dem Maße nicht gerechnet“, sagt Reinhard Kleibrink, der Leiter des Bürgeramtes. „Das hat mich selbst überrascht.“

Bis Mitte Juli wurden dem Mülheimer Bürgeramt 169 Mitteilungen über Gewalttäter – allesamt männlich – von der Polizei gemeldet. Etwa die Hälfte davon besaß keinen Führerschein. Allein in diesem Jahr meldete die Polizei bis zum 15. Juli schon 45 Führerscheininhaber an das Bürgeramt, und 55 betrafen Gewalttäter ohne Fahrerlaubnis. Inzwischen sind von Amts wegen sechs Führerscheine entzogen worden, bei acht Personen wird noch auf den Ausgang der Medizinisch-Psychologischen Prüfung (MPU, umgangssprachlich „Idiotentest“) gewartet. Bei den sechs eingezogenen Scheinen war der Grund in fünf Fällen häusliche Gewalt. Und bei den acht Fällen, bei denen die MPU noch aussteht, sind sechs Betroffene gegenüber Frau oder Lebensgefährtin gewalttätig geworden.

"Sonst ist der Führerschein weg"

„Man braucht“, betont Kleibrink, „eine positive MPU-Prognose, sonst ist der Führerschein weg.“ Wird das Einverständnis zur MPU verweigert, wird sofort eingezogen. Die meisten Betroffenen kommen zur Beratung in die Behörde. Der Führerscheinentzug ist ein empfindliches Instrument: Es geht nicht allein um Status oder Mobilität, sondern teilweise um Existenzen. „Ich finde es ok, wenn es ein taugliches Mittel ist“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Antje Buck. „Man muss abwarten, ob es zur Läuterung führt. Eins ist aber klar: Häusliche Gewalt ist kein Kavaliersdelikt.“

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Sechs Scheine entzogen, acht in der Prüfung, das hört sich bei 169 Meldungen nicht viel an. Das Verfahren ist für das Bürgeramt zeitaufwendig. Es könne bis zu einem Jahr dauern, bis man tätig werde, erklärt der Amtsleiter. „Wir müssen das gerichtsfest kriegen.“ Komme die Mitteilung von der Polizei, müssten Akten eingesehen, rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte abgewartet werden. „Die Strafverfahren dauern zum Teil sehr lange.“ Es gehe häufig nicht nur um eine Straftat – das liege bei manchen oft im zweistelligen Bereich. „Wir reden hier über Intensivtäter.“

Bürgeramt kann Antrag verweigern

Jugendlichen Gewalttätern, die noch gar keinen Führerschein haben, kann das Bürgeramt den Antrag verweigern. Derzeit gibt es drei junge Leute, bei denen die Antragserteilung auf eine Fahrerlaubnis vom Ausgang der MPU abhängt. Ca. 30 bis 50 Beratungsgespräche wurden schon geführt, Gesprächstherapien empfohlen. Betroffene sollen verstehen: Ohne Nachweis einer Verhaltensänderung gibt’s keine „Fleppe“.