Mülheim. .
Ein überfüllter Wartesaal, schlechte Luft und Wartezeiten von über anderthalb Stunden – das ist derzeit Alltag im Bürgeramt. Über die „Servicewüste Bürgeramt“ schimpft mancher inzwischen. Birgit Thieme gehört dazu und beklagt dazu eine gewisse Unfreundlichkeit. Einige Bürger verlassen das Amt frustriert und unverrichteter Dinge.
In der Tat erlebt das Bürgeramt seit einiger Zeit einen „regelrechten Ansturm“ und kann sich den Andrang selbst nicht so recht erklären. „Allein am vergangenen Donnerstag haben zwischen 10 und 12 Uhr 250 Personen eine Wartenummer gezogen“, berichtet Stadtsprecher Volker Wiebels. 636 Bürger registrierte das Amt am Ende des Tages, sie kamen mit fast 700 Anliegen, ein gutes Drittel mehr als üblich. An vergleichbare Spitzenwerte kann man sich bei der Mülheimer Stadtverwaltung nicht erinnern, und das setze sich fort.
40 Prozent der Stellen nicht besetzt
Meldebescheinigungen, Kfz-Anliegen, Führungszeugnisse – querbeet gehen die Wünsche der Bürger, und sie kommen in einer Zeit, in der sich die Stadtverwaltung mit einem hohen Krankenstand herumplagen muss. Die Grippe legt nach wie vor viele Mitarbeiter flach. „Rund 40 Prozent der Stellen“, heißt es, seien derzeit im Bürgeramt nicht besetzt. Üblicherweise setzt die Stadt dort 27 Mitarbeiter ein, verhängt auch schon mal Urlaubssperren, wenn eine besondere Nachfrage, etwa vor den Sommerferien, abzusehen ist.
Neben Krankheit spielt aber auch die Besetzungssperre eine Rolle beim derzeitigen Engpass. Ausgeschiedene Mitarbeiter werden nicht sofort wieder ersetzt, die Stellen bleiben Monate frei. Das soll helfen, die vom Rat geforderten Einsparungen im Personalhaushalt der Stadt zu erreichen.
Schnittstelle zwischen Bürger und Verwaltung
In der Vergangenheit, so Wiebels, sei es in der Regel gelungen, die Wartezeiten unter 30 Minuten zu halten. Das sei auch künftig das erklärte Ziel, und das bei fast 90 000 Besuchern mit knapp 101 000 Anliegen im Jahr. „Das Bürgeramt ist für uns die Schnittstelle zwischen Bürger und Verwaltung, also eine Art Visitenkarte. Dort wollen wir gut sein“, betont Wiebels. Mit der aktuellen Situation geben sich nicht alle Bürger zufrieden. Wenn Erfahrungswerte auf einen solchen Andrang hindeuteten, dann „muss man hier mehr Mitarbeiter, und vor allem im Eingangsbereich geschultes Personal einsetzen“, sagt Birgit Thieme.
Die Stadt verweist auf ihren SMS-Service: Wer eine Wartenummer gezogen hat, kann seine Handynummer am Empfang abgeben und wird 15 Minuten vor seinem Termin angerufen. „Im Internet gibt die Stadt stets die aktuelle Wartezeit an“, betont Wiebels. Wieso, ärgert sich Birgit Thieme, werde dies nicht vor Ort den Bürgern kommuniziert?