Mülheim.

Katrin Kilian, Ute Jonetat und die anderen Frauen hängen schon seit vielen Jahren an der Nadel. Und das mit Vergnügen – denn Stricken ist nicht nur Sucht, sondern vor allem ihre Leidenschaft. Im Sommerhof sind seit Januar Menschen aus 25 Selbsthilfegruppen, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen in ein Projekt verstrickt. Gemeinsam häkeln sie einem Ziel entgegen: Am Ende soll ein vier Meter hohes Tipi aus buntem Garn entstehen. Dieses wird ab Mitte November in der Sparkasse am Berliner Platz ausgestellt.

Im Garten des Sommerhofs haben sich die sechs Damen draußen auf dem Rasen platziert. Katrin Kilian (41) greift gleich zu Nadel, dem lilafarbenen Garn und legt los. Masche um Masche fügt sie Läppchen zu Bahnen zusammen. „Das hat was Meditatives“, sagt sie. 1000 solcher Stricklappen haben die Mitglieder der 25 Gruppen zusammen getragen, darunter der Kreuzbund, die Diabetes-Hilfe oder der Caritas-Second-Hand-Shop.

Alle Läppchen haben unterschiedliche Farben und Muster, manche sind leuchtend gelb, andere tragen das Stadtwappen oder das Logo der jeweiligen Gruppe. „Die Lappen müssen nun zu langen Bahnen zusammengenäht werden“, sagt Anke van den Bosch und deutet auf den Karton voller Knäuel. Bei ihr laufen die Fäden zusammen – schließlich ist sie als Koordinatorin des Mülheimer Selbsthilfebüros mit allen Gruppen in der Stadt vernetzt. Und genau das ist Ziel des Projekts: „Leute sollen in Kontakt kommen, Netzwerke und Strukturen geschaffen werden.“

Künstlerin leitet an

Eingefädelt hat das Ganze die Remscheider Künstlerin Ute Lennartz, die das Strick-Projekt bereits mit Gruppen in Stuttgart, Basel oder Köln gestartet hat. Ute Jonetat stellte den Kontakt zwischen Künstlerin und Selbsthilfebüro her. Denn die Essenerin ist als bekennende Graffiti-Strickerin in der Handarbeits-Szene gut vernetzt. „Ich verschönere hässliche Stellen im öffentlichen Raum, etwa Bauzäune oder Laternen.“ Ihre Strick-Street-Art war bereits an der U-Bahn-Haltestelle in Heißen zu sehen oder an Bauzäunen in der Stadt, die sie mit Woll-Blümchen verziert hatte. Nun näht sie mit Katrin Kilian und den anderen Frauen mit. Damit am Ende das große Zelt entstehen kann.

„So wird ein Sozialraum geschaffen – im doppelten Sinn“, sagen Anke van den Bosch und Ute Jonetat. Zum einen entstehe sozialer Raum bei den Treffen, zum anderen im Zelt selbst. Denn das Tipi soll auch später für Aktionen genutzt werden, etwa für Veranstaltungen und Feste der Gruppen. „Jeder macht mit, wie er es schafft, ob mit Defizit oder ohne, von Zuhause aus oder in der Gruppe“, erklärt Anke van den Bosch. „Und wird so zum Teil eines Gesamtkunstwerks.“

Helfer sind wilkommen

Alle Strickbegeisterten, egal ob in einer Selbsthilfegruppe oder nicht, können an dem Projekt teilnehmen und dabei helfen, die Läppchen zusammenzunähen.

Ein genauer Termin für das nächste Treffen steht noch nicht fest. Kontakt vermittelt aber Anke van den Bosch vom Selbsthilfebüro: 300 48 14.

Info auch unter www.facebook.com/selbsthilfe.muelheim oder www.facebook.com/Raumverstrickungen.