Mülheim. .

Uwe Rack besaß mit Mitte 30 eine gute Position in der EDV, war Teamleiter, hat 80 Stunden gearbeitet – bis zum unvermeidlichen Burnout. „Ich wollte es allen Recht machen, hatte einen hohen Perfektionsanspruch an mich selbst, bis ich nicht mehr konnte.“ Jetzt, nach vielen Jahren Psychotherapie und Verhaltenstherapie, weiß der Mülheimer, dass er eine Borderline-Störung hat, die er nun im Griff hat.

„Heute arbeite ich als CNC-Programmierer und mein Chef und die Kollegen wissen seit meiner Rolle im Theaterstück ,Jackie B.’ über meine Krankheit Bescheid.“ Der 48-Jährige leitet seit kurzem die erste Mülheimer Selbsthilfegruppe des Duisburger Grenzgänger Vereins, und arbeitet eng mit der Gründerin Sabine Thiel zusammen.

Diagnose wird oft spät gestellt

Sabine Thiel hat ihr Leben der Auseinandersetzung mit der Persönlichkeitsstörung und der Hilfe für Betroffene gewidmet. Ihre drei erwachsenen Kinder, vor allem ihr heute 24-jähriger Sohn, sind Borderline-Persönlichkeiten. „Oft wird im Kindesalter die Diagnose ADHS gestellt, dann können Aggressionen gegen sich selbst oder andere hinzukommen“, erläutert die Duisburgerin. Borderliner sind sensible und hochemotionale Persönlichkeiten, kommen in einem „normalen“ ­Umfeld nicht zurecht, können schlecht stabile zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen. Sie bestrafen sich häufig selbst für ihr Verhalten. Vielen Menschen fallen zum Thema „Borderline“ Personen ein, die sich ritzen, die ausflippen, sich nicht im Griff haben. Das macht ihnen Angst, und so sei die Krankheit heute noch tabuisiert.

So wird die Diagnose für „die schwere seelische Behinderung“ selbst von Psychologen vielfach spät gestellt, nachdem der Patient bereits wegen der Symptome Depressionen oder Burnout behandelt wurde. Dabei ist die Krankheit, die auch genetisch vererbbar sei, wie Thiel berichtet, mittlerweile vom Versorgungswerk zu 50 Prozent anerkannt, man besitze zum Beispiel Kündigungsschutz.

Alltäglicher Umgang mit Borderlinern

Es gebe zudem Kliniken, die darauf spezialisiert sind. Und die Selbsthilfegruppen des Vereins seien voller Betroffener, die einfach nur mit Menschen reden möchten, die sie verstehen, bei denen sie Hilfe suchen können. „Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, mit der Verantwortung umzugehen, wie schwer der alltägliche Umgang mit einer Borderline-Persönlichkeit ist.“ Umgekehrt sei es auch für die Betroffenen schwer zu verstehen, wie sich die Angehörigen ihnen gegenüber verhalten. „In unseren Gruppen kann man gemeinsam lernen, sich wieder kennen zu lernen“, glaubt Sabine Thiel, die sich als zertifizierte psychologische Beraterin mit dem Schwerpunkt Borderline-Persönlichkeitsstörung selbstständig gemacht hat.

Die neue Mülheimer Selbsthilfegruppe zum Krankheitsbild Borderline bietet regelmäßige Treffen an. Am kommenden Freitag, 26. Oktober, von 18 bis 19.30 Uhr, trifft sich die Selbsthilfegruppe zum nächsten Mal in der Praxis von Jutta Bock an der Bülowstraße 44.

Uwe Rack persönlich ansprechen

Die Treffen für Angehörige und Betroffene finden alle 14 Tage in den ungeraden Wochen statt. Der Kassenwart des Grenzgänger-Vereins, Uwe Rack, leitet die Treffen, er hat dafür eine Ausbildung zum Selbsthilfe-Gruppenleiter gemacht.

Mehr Informationen gibt Uwe Rack gerne. Er ist unter 0157/72 97 21 17 zu erreichen. Weitergehende Informationen finden sich auch im Internet unter www.grenzgaenger-duisburg.de, „Jackie B. – Ein Leben in Extremen“ heißt das erste Theaterstück des Vereins. Dieser suche zurzeit für eine neue Inszenierung eine Theaterkooperation in der Region.