Mülheim.

Vor genau 50 Jahren wurde der Verein Lebenshilfe in Mülheim gegründet. Aus einem kleinen Kreis hilfesuchender Eltern, die geistig behinderte Kinder hatten, wurde ein ausgedehntes Netz, das momentan rund 800 Menschen berät oder betreut, das rund 300 Mitglieder hat und etwa 200 professionelle Mitarbeiter, viele davon allerdings in Teilzeittätigkeit.

Unverändert geblieben ist das erklärte Ziel: Jeder Mensch mit geistiger Behinderung soll möglichst selbstständig leben können, aber so viel Schutz und Hilfe erhalten, wie er benötigt. 1963 gab es noch kaum Angebote für geistig behinderte Kinder und Jugendliche, betroffene Eltern berichteten vielfach, dass sie sich in ihrer Situation alleine fühlten. 1965 wurde am Priesters Hof die erste integrative Kindertagesstätte in Mülheim eröffnet, seit 1967 besteht Schulpflicht für geistig Behinderte. Die Lebenshilfe hat all dies begleitet. Ihr Team war bis 1982 ausschließlich mit Ehrenamtlichen besetzt, die Geschäftsführung sogar noch bis 1994. Inzwischen werden diese Funktionen von Hauptamtlichen erfüllt, aber Eltern spielen immer noch tragende Rollen.

Viele Sportgruppen und Freizeitangebote

Wie Ulrike Stadelhoff, erste Vorsitzende des Vereins, die vor mehr als zwei Jahrzehnten über ihren behinderten Sohn zur Lebenshilfe kam. Dankbar war die Familie, dass es hier viele Sportgruppen und Freizeitangebote gibt, dass der Junge mit der Lebenshilfe verreisen konnte. Heute ist er ein junger Mann von Mitte 20, der in einer Vierer-Wohngruppe lebt. Sie wird ebenso vom Verein getragen wie das „Haus am Springweg“ oder Betreutes Wohnen.

Die Eltern und Familien hätten im Laufe der Zeit spürbar an Selbstbewusstsein gewonnen, hat Christiane Schmidt, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Mülheim, beobachtet: „Früher kamen sie in unsere Beratungsstellen als Hilfesuchende, jetzt eher als Kunden. Ich finde das positiv.“ Beispielsweise wenden sich Familien an die Lebenshilfe, deren geistig behindertes Kind in der Schule einen Integrationshelfer braucht.

Betreiben einen eigene Pflegedienst

Andererseits: Die Menschen werden älter, das gilt auch hier, daher betreibt die Lebenshilfe in Mülheim seit Mitte der Neunzigerjahre einen eigenen Pflegedienst. „Wir müssen uns auch bei der Gestaltung von Wohnungen und Freizeitangeboten auf deutlich Ältere einrichten“, so die Geschäftsführerin.

Eine der jüngsten Neuerungen: Seit anderthalb Jahren gibt es einen Lebenshilferat, in dem sechs Leute die Interessen der geistig behinderten Menschen vertreten, bei Wünschen oder Problemen vermitteln.

Neues Beratungszentrum in Heißen

Mit der 50-Jahr-Feier wird am heutigen Freitag zugleich das Lebenshilfe Center an der Heinrich-Lemberg-Straße 23a eröffnet. Auf rund 300 qm finden hier künftig Beratung und Begegnungen statt.

Die neue Anlaufstelle wurde dringend gebraucht, meint Lebenshilfe-Geschäftsführerin Christiane Schmidt, „unsere Verwaltungsräume an der Hänflingstraße platzten aus allen Nähten“. Außerdem: „Zu uns kommen viele junge Familien, die ein behindertes Kind haben“, für sie sei das Center mit verlässlichen Öffnungszeiten mitten in Heißen verkehrstechnisch viel besser zu erreichen und freundlicher gestaltet. Hier sollen sich ab jetzt auch Freizeit-, Angehörigen- und Elterngruppen treffen.

Gleichzeitig im Stadtteil aktiv werden

Gleichzeitig möchte die Lebenshilfe im Stadtteil aktiv werden, mit Firmen und Einrichtungen vor Ort zusammenarbeiten. Eine erste Kooperation mit dem Familiennetzwerk, ein Tanzworkshop, wird am 23. Juni im Rahmen der Aktionswoche „Heißen bewegt sich – vielfältig!“ auf die Beine gestellt. Weit über 100.000 Euro kostet die Einrichtung des neuen Centers nach Angaben des Vereins. Um nicht alles aus eigener Kraft finanzieren zu müssen, wurden Fördermittel der „Aktion Mensch“ beantragt.

Das Lebenshilfe Center ist geöffnet: montags, dienstags, donnerstags 11-17 Uhr, mittwochs 11-19 Uhr, freitags 11-14 Uhr. Kontakt: Tel. 409958-36 oder lebenshilfe-center@lebenshilfe-muelheim.de.