Mülheim. Gerade älteren Menschen fällt es oft schwer, sich gegen unangemessene Maßnahmen des Vermieters zu wehren. Plötzliche Änderungen der Mietverträge kommen immer häufiger vor. Laut Geschäftsführer des Mieterschutzbundes, Harald Bartnik, werden ältere Mieter aber zunehmend kämpferischer.
Seit fast 40 Jahren wohnt Anna R. (Name geändert) nun in dem Drei-Parteien-Haus. Die 93-Jährige möchte dort wohnen bleiben, so lange sie fit ist. Doch ihre neue Vermieterin will das Haus selbst nutzen. Das vermuten zumindest die Kinder der betagten Dame. Kündigen wegen Eigenbedarf kann sie ihr nicht – in diesem Fall würde aufgrund des hohen Alters der Mieterin die Sozialklausel greifen. Warum sonst hätte sie also das Haus komplett umbauen und den Flur so vollstellen sollen, dass die Seniorin mit ihrem Rollator nicht mehr durchkommt? „Schikane“, nennt das ihr Sohn. Senioren mieten oft noch zu günstigen Bedingungen – passiert es also häufiger, dass sie aus Wohnungen gedrängt werden?
Neue Verträge an der Haustür
„Zum Glück ist das die Ausnahme“, weiß Harald Bartnik, Geschäftsführer des Mieterschutzbundes Mülheim. „Die meisten haben Respekt vor alten Leuten.“ Vermehrt komme es jedoch vor, dass Erben einer Immobilie die alten Mietverträge ändern möchten und „dafür sonntagmittags bei den Senioren anklingeln, um neue Verträge an der Haustür abzuschließen“. Immer mehr Senioren wehren sich gegen als ungerecht empfundene Maßnahmen ihres Vermieters – sei es ein privater oder eine Wohnungsbaugesellschaft.
„Grundsätzlich sind ältere Mieter kämpferischer geworden“, bestätigt Bartnik. Das liege vor allem an der veränderten Wohnsituation: „Viele ältere Mieter, die in Werkswohnungen lebten, hätten sich nie gegen ihren Arbeitgeber gestellt.“ Mittlerweile sind die Immobilien privatisiert und Senioren suchen nun häufiger Hilfe beim Mieterschutzbund.
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Gespräche mit Vermieterin liefen ins Leere
Zurück zu Anna R.: Die alte Dame hat mittlerweile zwei hohe Bäume in Kübeln vor ihr Fenster gestellt bekommen. „So muss sie immer das Licht einschalten“, erklärt ihr Sohn. Das Treppenhaus sei mit Gerümpel vollgestellt, so dass sie nicht mehr vorbei komme. Nun solle in ihrer Wohnung modernisiert werden. Gespräche mit der Vermieterin hätten nichts gebracht, sagt er – die Lage ist verfahren. „Einen Umzug würde die 93-Jährige nicht verkraften.“ Was tun?
„Schikanen sind schwer zu beweisen“, weiß Bartnik. „Man kann sie dokumentieren, Fotos machen und vor allem Zeugen benennen.“ Oft helfe auch die Drohung mit einer Einstweiligen Verfügung. Im Fall des zugestellten Treppenhauses sei dies eine mögliche Lösung.
Und der Umbau? „Bei vielen Maßnahmen muss man nicht mitspielen“, sagt der Experte. Anna R.s Sohn möchte es nun mit einem Schiedsmann versuchen. „Immer eine gute Adresse, um Streitigkeiten friedlich zu lösen“, rät Bartnik.