Die demografische Entwicklung wird die Mülheimer Wohnungswirtschaft vor große Herausforderungen stellen, mehr noch: Schon jetzt, so stellen Gutachter vom Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung (Inwis) fest, gibt es in Mülheim einen Mangel an altengerechten Wohnungen.

Insbesondere fehlt es an preisgünstigen Angeboten zum betreuten Wohnen, es gibt aber auch eine Versorgungslücke bei barrierefreien Mietwohnungen.

Die Inwis-Experten der Ruhr-Uni Bochum haben den Auftrag von Stadt, Wohnungsunternehmen (MWB, SWB, Immeo) und etwa Haus & Grund als Vertreter der Kleineigentümer, ein „Handlungskonzept Wohnen“ für die Stadt zu erarbeiten. Aufgezeigt werden soll, wie Stadtplanung und Wohnungswirtschaft den Wohnraumbedarfen der Zukunft Rechnung tragen können. Ende des Jahres soll das rund 40 000 Euro teure Gutachten vorliegen.

Einen Themenkomplex haben die Analysten bereits abschließend aufgearbeitet; es geht um das Wohnen im Alter. Inwis-Vertreterin Regina Höbel präsentierte die Ergebnisse Ende vergangener Woche im Wirtschaftsausschuss.

Ihre Kernthese, dass sich der Markt mit altersgerechten Wohnangeboten einer steigenden Nachfrage gegenübersieht, überrascht selbstredend nicht, doch Höbel lieferte interessante Zahlen und Anhaltpunkte dazu, an welchen Stellen es besonders zwickt in der Stadt – es gilt nämlich die Feststellung, dass die Wohnungswirtschaft dem Trend zu immer mehr Haushalten mit hochbetagten Senioren schon jetzt hinterherhinkt.

Dabei prognostiziert das Inwis bis zum Jahr 2025 einen Anstieg um 2000 zumeist Singlehaushalte mit Bürgern jenseits der 80 Jahre – bei weiter rückläufiger Einwohnerzahl.

Beispiel betreutes Wohnen: Die Gutachter sehen bereits jetzt eine „sehr hohe Nachfrage“ im mittleren Preissegment von 6 bis 10 Euro pro Quadratmeter, „Wartelisten zeigen aber auch Nachfrageüberhänge im Sozialen Wohnungsbau“ (rund 4,50 Euro/m2). Zurzeit gibt es in Mülheim rund 250 Plätze im betreuten Wohnen, das Inwis rechnet bis 2025 damit, dass 800 Plätze nötig sind. Heißt: In den nächsten Jahren entsteht ein Bedarf von weiteren 550 Wohneinheiten. In allen Preislagen, als Miet- und Eigentumsvariante, wie Regina Höbel betont. Wünschenswert seien unterschiedliche Angebote, so zum Beispiel in der Nähe zu einem Pflegeheim. Versorgungsangebote (Frisör, Apotheke) könnten in neue Wohnanlagen integriert werden, dazu könnten sich feste Dienstleistungen wie ein Notruf oder andere wählbare und je nach Leistung abzurechende Hilfen gesellen.

Auch im nicht betreuten Wohnen sieht das Inwis Defizite. Altersgerechte Wohnungen, von denen es insbesondere durch jüngste Anstrengungen der großen Wohnungsunternehmen zurzeit schätzungsweise 2100 in der Stadt gebe, seien noch in allen Preisklassen Mangelware. „Vor allem bei preisgünstigen Angeboten“ sehen die Gutachter Luft nach oben. Das Inwis geht davon aus, dass in den nächsten 14 Jahren weitere 500 bis 600 barrierefreie Wohnungen nötig sein werden.

Grundsätzlich lobte Regina Höbel das breite Engagement der Stadt auf dem Feld des altersgerechten Wohnens, so die Erarbeitung des Konzeptes „Seniorengerechte Stadt“ aus dem Jahr 2009, die in den Stadtteilen wirkenden „Netzwerke der Generationen“, Mehrgenerationen-Wohnprojekte und einiges mehr. Sie machte aber auch deutlich, dass noch viel zu tun ist.

In den Fokus zu nehmen seien dabei auch die vielen Kleinvermieter. Sie gelte es für die Entwicklung am Markt zu sensibilisieren, damit auch sie ihr Privateigentum vermehrt altersgerecht umbauen.