Mülheim. .
Das Mülheimer Frauennetzwerk beklagt die zunehmende Diskriminierung von Frauen, vor allem von Migrantinnen. Vor allem fehle es an Hilfestellungen für Betroffene. Diese fühlten sich häufig im Stich gelassen – von Polizei oder Behörden kaum ernst genommen.
Daher hat das Netzwerk nun ein neues Projekt angestoßen: Bochumer Studentinnen erstellen in den kommenden Wochen und Monaten ein Konzept, an welchen Stellen es in Mülheim hakt, wo mehr gegen Diskriminierung getan und wo Anlaufstellen geschaffen werden müssten. Dieses soll im Oktober der Stadt vorgelegt werden.
Wo fängt Diskriminierung an?
Nora Thurow, Mitglied des Frauennetzwerks, trifft in ihrer Beratung beinah täglich auf Frauen, die mit Diskriminierung zu kämpfen haben. Die Mitarbeiterin des Vereins „Hilfe für Frauen“, der auch das Frauenhaus betreibt, berät in ihrem Büro am Hans-Böckler-Platz um die 30 Betroffene im Monat. Sie berichtet von sehr unterschiedlichen Fällen und Hintergründen.
Wo fängt Diskriminierung an? „Zum Beispiel im Amt: Oft kommen Migrantinnen zu mir, die ein deutsches Formular nicht verstehen und erst die Beratungsstelle aufsuchen müssen, um Hilfe bei der Übersetzung zu bekommen.“ Am Arbeitsplatz: „Frauen in Mülheim werden aufgrund des Geschlechts bei der Arbeitsplatzvergabe benachteiligt.“ Oder auf der Straße: Häufig gehe es um verbale Attacken, um Beschimpfungen von Migrantinnen.
Überall fehle es an Hilfe
Ein Fall habe Nora Thurow besonders schockiert. „Da wurde eine farbige Frau von einem Täter beleidigt und in der Öffentlichkeit mit Milch übergossen.“ Als sie Hilfe suchte, wurde sie kaum ernst genommen. „Polizei und Behörden spielen das Problem häufig herunter.“ Denn: „Obwohl sie nur bruchstückhaft Deutsch sprach, wurde ihr kein Dolmetscher zur Seite gestellt.“
An Hilfestellungen fehle es überall: „Weil ich nicht weiß, wohin ich die Frauen vermitteln soll, versuche ich die Fälle meist selbst zu bearbeiten – mit einer halben Stelle ist das nicht immer einfach.“
Bewusstsein für Diskriminierung schaffen
Um ein Bewusstsein für Diskriminierung in der Stadt zu schaffen, hat das Frauennetzwerk, in dem seit einem Jahr zehn bis 15 Frauen aktiv zusammenarbeiten, das Projekt mit dem Arbeitstitel „Antidiskriminierungsarbeit in der Kommune“ in Form einer Masterarbeit angestoßen. Studentinnen der Ev. Fachhochschule Bochum aus dem Fachbereich „Management in sozialwirtschaftlichen und diakonischen Einrichtungen“ erstellen zurzeit einen Fragebogen, den Betroffene im Internet ausfüllen können.
„Die Daten werden gesammelt und ausgewertet, um am Ende ein Konzept zu erstellen“, erklärt Nora Thurow. Im theoretischen Teil gehe es im Übrigen auch um die Grundsatzfrage: „Was ist Benachteiligung?“ Denn wo Diskriminierung beginnt, empfindet jeder Mensch anders.
Tagung zum Frauentag
Das Frauennetzwerk lädt im Rahmen des Internationalen Frauentags am Samstag, 9. März, von 14 bis 18 Uhr zu einer Tagung in die VHS. Sie steht unter dem Motto „Damenwahl“ und dreht sich ums Wahljahr. Politikwissenschaftlerin Antje Schrupp wird zum Thema „Die Liebe der Frauen zur Politik“ referieren (14.50 Uhr).
In vier Arbeitskreisen werden die Themen „Unsere altersfreundliche Kommune/Gesellschaft“, „Frauen im Erwerbsleben – Frauen ohne Erwerbsarbeit“, „Politische Partizipation Migration“ und „(K) Ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz?“ bearbeitet. Teilnahme: kostenlos. Info: www.muelheim-ruhr.de/cms/frauennetzwerk.html