Mülheim. .
„Utopie jetzt!“, das Mülheimer Festival für Neue Musik, wird alle zwei Jahre von der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde um das Zentrum Petrikirche veranstaltet. Und offenkundig gewinnt diese Reihe immer mehr an überregionaler Bedeutung.
Einfallsreiche Experimentierlust
Markenzeichen des Mülheimer Festivals: Einfallsreiche Experimentierlust, bei der der Beuys’sche „erweiterte Kunstbegriff“ Pate gestanden zu haben scheint, verbindet sich mit Aufführungen von allerhöchstem Qualitätsniveau. Erstere Facette liegt vor allem in den Händen der Leipziger Gruppe „Atonor“, die mit skurrilen Klanggeräten durch die Stadt zog oder mit Schülerinnen und Schülern der Realschule Stadtmitte in der Kundenhalle der Sparkasse „Lichtspiele und Klangsprünge“ vollführte.
Von der zweiten Facette konnten sich die Zuhörer in der voll besetzten Petri-Kirche beim ersten Konzert am Freitag überzeugen, als der Kölner Rundfunkchor wahrlich „Himmelslichter“ entzündete. Psalmen von Mendelssohn-Bartholdy standen Vertonungen der gleichen Texte von Jaakko Mäntyjärvi gegenüber, ein „Gloria“ von Lars Edlund und die erste der „Duineser Elegien“ von Rilke in der Vertonung von Einojuhani Rautavaara. Unter der ungemein suggestiven Leitung von Stefan Parkman entfaltete der äußerst sensibel reagierende Chor einen Klang, nach dem man süchtig werden konnte, eine Art magischen Sog in eine spirituelle Parallelwelt.
Weitere Gelegenheit
Auch bei Mendelssohn wurde der konventionelle Schönklang aufgebrochen und die Musik auf ihre expressive Substanz zurückgeführt.
Überleitungen, Textrezitationen und Erläuterung zu den Psalmtexten lagen in prominenter Hand: Bei dem Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil. Wer dieses Konzertereignis verpasst hat oder es noch einmal hören möchte, hat dazu am 28. Dezember auf WDR 3 Gelegenheit.