Mülheim. . 2008 sorgte das Lama “Socke“, das in einem Mülheimer Privathaus lebte, für Aufsehen. Im Jahr 2012 ist es eine Sau im Fahrstuhl, die das Missfallen der Nachbarn auf sich zieht. Die Stadt weiß schon lange von dem ungewöhnlichen Haustier, wie sie nun reagiert, ist allerdings noch offen.

Erinnern Sie sich noch an diese Geschichte von 2008? Damals wurde das dreibeinige Lama „Socke“ in einer Mülheimer Wohnung gehalten, nicht artgerecht. Umzug unvermeidlich. In Speldorf spielt sich gerade eine ähnliche Story ab: Hier findet im fünften Stock eines hohen Mietshauses zumindest zeitweise ein stattliches Schwein Unterschlupf. Genauer: eine Sau. Ihre Besitzerin, die nicht in der Zeitung erscheinen möchte, sagt: „Sie ist meistens im Garten, etwas weiter weg. Wir fahren morgens mit dem Aufzug runter, abends wieder hoch. Ich hab sie mit der Flasche großgezogen.“

Das kann man wohl sagen: Das frühere Ferkelchen mit dunklem Fell hat inzwischen die Ausmaße eines riesigen Reisekoffers und ein Kampfgewicht, das ein genervter Nachbar aus demselben Haus auf 90 Kilo schätzt. Auch er möchte anonym bleiben, beklagt sich aber immer mal wieder bei der Mülheimer Wohnungsbau eG, der das Haus gehört, und vor wenigen Tagen auch bei der WAZ. Er nennt das Schwein „arme Kreatur“.

Sau fährt mit dem Aufzug

Nicht Geruch oder Geräusche stören den Mann, sondern in punkto Tierschutz hat er Bedenken. Und: Er findet, dass die Sau nicht in den Personenaufzug gehört, mit dem es, was alle Beteiligten bestätigen, täglich befördert wird: „Mein zweijähriges Enkelkind stand letztens vor dem Aufzug, als das Schwein herauskam. Jetzt steigt es dort nicht mehr ein.“

Bei einer Ortsbesichtigung an der genannten Adresse ist vom Borstenvieh nichts zu sehen. „Das Schwein ist hier oben“, sagt der Gatte der Besitzerin über die Gegensprechanlage. Die Tür öffnen möchte er nicht. Das Schwein laufe oft draußen an einer Leine, berichten Nachbarn. Einer sagt: „Abends, wenn es hereingeholt wird, kommt es hier in eine Wanne und quiekt dann immer so. Das stört mich schon.“

MWB hat selbst Zweifel

Marc Peters, der beim MWB die Abteilung „Wohnen und Bewirtschaften“ leitet, kennt diese Klagen. Seit Jahren. Er sagt: „Die Mieterin hat ein ärztliches Attest vorgelegt. Es bescheinigt, dass sie ein Haustier braucht.“ Aber unbedingt ein Hausschwein? Die MWB hatte selber Zweifel und meldete den Fall frühzeitig den Behörden.

Dort ist das Schwein seit zweieinhalb Jahren aktenkundig, wie Stadtsprecher Volker Wiebels bestätigt: „Uns wurde im März 2010 durch MWB bekannt, dass im fünften Stock ein Hausschwein gehalten wird, also ein Nutztier.“ Die Amtsveterinärin sei vor Ort gewesen und fand die Unterbringung „weder tierschutz- noch artgerecht“. Der Besitzerin wurde eine Frist bis Mitte Mai 2010 gesetzt, dies zu ändern, es habe zwei weitere Kontrollen gegeben. „Am 14.06.2010“, so Wiebels, haben wir dann festgestellt: Das Schwein ist artgerecht untergebracht in einem Schrebergarten mit entsprechender Unterstellmöglichkeit. Seitdem kamen keine Beschwerden mehr bei uns an.“

Da steht ein Schwein auf dem Flur

Bis jetzt ein Nachbar öffentlich Alarm schlug. „Das geht keinen etwas an“, meint die Schweinehalterin, aber sie irrt und muss mit einem baldigen Kontrollbesuch der Amtsveterinäre rechnen.

Dass das Schwein im fünften Stock wohnt, wird die Behörde sicher nicht erlauben. Aber Stadtsprecher Wiebels beschwichtigt: „Wir werden jetzt nicht gleich die Keule schwingen, sondern versuchen, eine für alle verträgliche Lösung zu finden.“ Wie bei „Socke“.