Mülheim. . In jedem zehnten Mülheimer Haushalt wohnt, statistisch gesehen, ein Hund. Nicht immer läuft das Zusammenleben problemlos. Zum Beispiel, wenn der Vierbeiner zu laut bellt. Wie der Spaniel “Amigo“. Eine Nachbarin beschwerte sich - doch einen Hund aus dem Haus zu klagen, ist gar nicht so einfach.
Auf der heimischen Couch liegt „Amigo“, als würde der Spaniel kein Wässerchen trüben, und doch er soll es faustdick hinter den Ohren haben. Beziehungsweise in der Kehle: Wegen seines angeblich lauten Bell-Organs beschwerte sich eine Nachbarin beim Vermieter, der Mülheimer Wohnungsbau (MWB), Frauchen Waltraud H. muss womöglich nun den Hund abgeben oder sogar aus ihrer Wohnung in Heißen ausziehen.
Wie groß ist das Konfliktpotenzial durch den „besten Freund des Menschen“? 7800 Hunde sind in Mülheim gemeldet, weitere 500, so rechnet die Stadt, werden durch die im September begonnene Zählung von Tür zu Tür noch hinzukommen. Beinah in jedem zehnten Mülheimer Haushalt wohnt dann, statistisch gesehen, ein Hund.
„Von vielen Hunden wissen wir erst dann etwas, wenn es Ärger gibt“, sagt Marc Peters, Abteilungsleiter Wohnung und Bauen beim MWB: Bellen in der Wohnung und im Hausflur, unschöne Geschäfte etwa in Nachbars Petunien sorgen für Zoff, „manche Menschen haben auch einfach Angst vor Hunden.“ Doch richtigen Streit wegen Bello erlebe der Abteilungsleiter nur selten. „Dann müssen wir darauf hinweisen, dass wir die Tiere grundsätzlich nicht genehmigen, sondern nur dulden.“
Minutiöse Lärmprotokolle
So sei es auch im Fall von „Amigo“ gekommen: Monatelang führte die Nachbarin minutiöse Lärmprotokolle über jedes Wau-wau und legte sie im Juni dem Mülheimer Wohnungsbau vor. „Mit mir hat sie aber darüber nie gesprochen oder sich beschwert“, beklagt sich Hundebesitzerin Waltraud H. Dabei hatte sie zu dieser Zeit bereits über ein Jahr lang mit ihrem achteinhalbjährigen Spaniel in dem Haus gewohnt.
Das Protokoll und die Beschwerde über Amigo hält H. für „völlig übertrieben“, und will es mit einem eigenen Protokoll nachweisen. Sie kommt auf rund 18 Minuten Bellen – im Monat. „Er bellt nur, wenn es mal an der Tür klingelt oder wenn wir rausgehen, aber dann vielleicht eine Minute.“
Vermieter muss etwas in der Hand haben
Was tun, wenn’s Krach gibt mit Nachbars Bello? Am besten wäre das Gespräch von Mensch zu Mensch. Denn einen Hund aus einer Wohnung zu klagen, ist rechtlich schwerer als man glaubt: „Pauschal kann der Vermieter eine Erlaubnis für den Hund nicht einfach zurückziehen“, erläutert Harald Bartnik vom Mülheimer Mieterschutzbund, „er muss etwas in der Hand haben.“ Ein Lärmprotokoll etwa, wobei, so räumt Bartnik ein, Lärm immer auch subjektiv ist und moderne Wohnungen etwa durch Laminatboden lauter geworden sind.
Wann von Lärmbelästigung gesprochen werden kann, ist durchaus abhängig von lokalen Gegebenheiten. Erst Hundegebell von insgesamt 30 Minuten täglich, bzw. ununterbrochenes Dauergebell von mehr als zehn Minuten gelten als unzumutbare Störung. So lauten die Kriterien, die das Oberlandesgericht Hamm festlegte. Zudem: Als unzumutbar hörbar gilt dem OLG nach Tierlärm nur außerhalb der Zeitspannen von 8 bis 13 Uhr und von 15 bis19 Uhr.
Sozialarbeiter im Einsatz
„Wir müssen bei einem Lärmprotokoll reagieren“, sagt Peters, selbst wenn auch der MWB-Mann bereits ahnt, dass der Hund diesmal wohl nur ein Aufhänger im Nachbarschaftsstreit ist. „Wir haben einen Sozialarbeiter im Einsatz“, so Peters, dieser werde in diesem Fall versuchen, alle Parteien an einen Tisch zu bringen. „Das kann scheitern, aber wir hoffen auf einen Kompromiss.“
Weltsieger der Hunde
