Mülheim. . Sie haben sieben gemeinsame Kinder, 16 Enkel, und zwei Urenkelchen sind auch schon da. Seit 50 Jahren sind Valentin und Irmgard Braun verheiratet. Doch bis heute nicht dazu gekommen, ihre Beziehung vor dem Altar zu besiegeln. Am Freitag tun sie’s: Goldene Hochzeit und zugleich kirchliche Trauung.

Zweifel, ob diese Partnerwahl die richtige ist, hat wohl niemand. Am wenigsten der 71-jährige Bräutigam, der entzückt ausruft: „Ich hab sie damals gesehen, da war sie meine Traumfrau, und das ist sie heute noch!“ Die Braut (73) nimmt diese Liebeserklärung mit feinem Lächeln zur Kenntnis.

Sie kennt ihren Valentin ja, ist ihm zuliebe von München nach Mülheim gezogen, wo es ihr gar nicht gefiel: „Ich habe die bayerischen Berge vermisst. Im Sommer konnte man dort klettern, im Winter Ski laufen, Eislaufen, das ging hier alles nicht.“

Zu Rock’n’Roll-Zeiten kennengelernt

Irmgard hat viel Leben mit ihrem Mann geteilt. Wenn auch weniger, als ihr vielleicht manchmal lieb war. Denn um die wachsende Kinderschar zu ernähren, arbeitete er viele Jahre als Kranführer auf Montage. „Er war oft zwei, drei Wochen am Stück unterwegs, kam manchmal nur nach Hause, um frische Sachen zu holen.“ Während sie in Broich, im Viertel, wo sie seit 1964 wohnen, den Großfamilienalltag aus eigener Kraft bewältigte: „Einkaufen mit drei kleinen Kindern und den Taschen, das ging alles.“

Heute ist ihr Ehemann natürlich häufiger daheim, wenn er nicht gerade unten am Ruhrufer sitzt, um seinem einzigen Hobby („was mich sehr glücklich macht“) geduldig nachzugehen: Angeln. Doch Zeit zu zweit haben die Brauns ausgesprochen selten. Den Grund nennt Renaldo, ihr zweitältester Sohn: „Fast immer ist irgendjemand von uns hier zu Besuch.“

Die Großeltern wollen es so: „Unsere Kinder und Enkelkinder“, schwärmt Valentin Braun, „das ist unser Reichtum.“ Nur abends wird es etwas ruhiger, in ihrer Souterrain-Wohnung mit schweren alten Möbeln und einer winzigen Terrasse. Dann kümmern sich die Brauns um drei Igel, die sie in der Dämmerung mit Katzenfutter versorgen.

In München haben sich die beiden das erste Mal getroffen, zu Rock’n’Roll-Zeiten, in einem Tanzlokal. Sie, gebürtige Tschechin, arbeitete als Köchin in der bayerischen Hauptstadt, er, ursprünglich aus Stettin, besuchte dort Verwandte. Geheiratet haben die beiden dann am 7. September 1962 im Städtchen Lauffen am Neckar. Eine kirchliche Zeremonie, das hört man heraus, war dem jungen Paar damals offensichtlich zu kostspielig („Ich bin sehr gläubig“, betont Valentin Braun).

Trauung drohte zu platzen

Aber selbst die standesamtliche Zeremonie drohte zu platzen, da die Trauzeugen nicht kamen: einer war krank, des anderen Auto ging kaputt, „fremde Leute“ sprangen kurzfristig für die Formalien ein.

Anlässlich ihrer Silberhochzeit, 1987, wollten Brauns die kirchliche Heirat dann nachholen. Aber Valentin konnte wegen einer Beerdigung erst nachmittags zur Festgesellschaft stoßen. Es sei eben „in der Großfamilie oft sehr turbulent“ gewesen, in den vergangenen 50 Jahren.

Nun haben die Kinder die Initiative ergriffen, das Goldpaar an seinen lang gehegten Wunsch erinnert und die Trauung in der katholischen Kirche Herz-Jesu organisiert. „Sie müssen nur noch ,ja’ sagen“, so der Sohn. Unter den Augen von Pastor Heinrich Weyers, der sich darüber hocherfreut zeigte, will sich das reife Paar gegenseitig die Ehe versprechen.

Die Braut will ein kurzes Roséfarbenes tragen, der Mann an ihrer Seite einen schwarzen Anzug. Nach der Kirche wird mit rund 50 Verwandten und Freunden in einem Schrebergarten-Vereinsheim Hochzeit gefeiert. Vielleicht werden sich Irmgard und Valentin Braun dann doch ein kleines bisschen verändert fühlen.

Am Montag haben sie sich Eheringe gekauft, in Silber. Die Braut liebt Gold, doch ihre Haut reagiert darauf allergisch. Man kann im Leben nicht alles haben, wer weiß das besser als ein Brautpaar nach 50 Jahren?