Mülheim.

Am 17. Januar 1887 wurden die ersten beiden Patienten im Mülheimer St. Marien-Hospital aufgenommen. Woran sie litten, ob man sie heilte, ist unbekannt, die Krankenakten gibt es nicht mehr. Die weitere Geschichte des katholischen Hauses ist dagegen gut dokumentiert. Es feiert nun sein 125-jähriges Bestehen.

Aus zwei Patienten, in einem großen Schlafraum vermutlich, sind heutzutage fast 370 geworden, die bei voller Belegung behandelt werden können. Das Marien-Hospital verfügt derzeit über 337 stationäre Betten und zusätzlich 30 teilstationäre Plätze in der psychiatrischen Tagesklinik.

Das Haus wurde rasch erweitert

Gleich nach seiner Eröffnung Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Haus rasch erweitert, berichtet Bernhard Wirtz, der Vorsitzende des Kuratoriums: „Aufgrund der stürmisch wachsenden Industrie und der Unfallträchtigkeit bei der Arbeit kamen viele Menschen, meist Gastarbeiter, die auf sich alleine gestellt waren. Heimatlos.“ Sie schufteten und verletzten sich fern ihrer Familien und waren umso mehr auf fremde Fürsorge angewiesen. Diesen Part leisteten im St. Marien-Hospital Ordensfrauen: Die Barmherzigen Schwestern von der heiligen Elisabeth waren zuständig für die Krankenpflege.

Zeitweise, auch noch in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, waren hier bis zu 65 Schwestern tätig. Und heute? „Keine einzige mehr. Nur ich als Leihgabe“, sagt die ehemalige Oberin Schwester Ingeborg (82), die 2007 offiziell in den Ruhestand trat, aber immer noch vier Tage pro Woche im Hospital seelsorgerisch mitwirkt.

Nur drei männliche Pfleger gab es damals

Als sie Anfang der 50er Jahre auf der inneren Kinderstation begann, die es damals noch gab, taten nur drei männliche Krankenpfleger im Hospital Dienst. Mittlerweile werden an der hauseigenen Schule mindestens 75 junge Leute gleichzeitig ausgebildet. Der Männeranteil liegt bei rund 30 Prozent. Andere Veränderungen im Laufe 125-jährigen Krankenhausgeschichte sind mindestens ebenso gravierend. Manche erlebt man als zwiespältig.

Von heutiger „Hochtechnologie in der Medizin“ spricht der Kuratoriumsvorsitzende Bernhard Wirtz und dem „wahnsinnigen adminis­trativen Aufwand computergestützter Dokumentation“. Die Zeit für „Dienst am Patienten“ nehme dadurch leider ab. Doch Neuerungen mitzumachen, sei unerlässlich, um wirtschaftlich zu arbeiten. Gleichwohl will das St. Marien-Hospital, mittelgroß, menschliche Zuwendung auch künftig mindestens ebenso wichtig nehmen wie medizinische Leistungsfähigkeit.

Serviceleistungen für muslimische Patienten 

Der Ursprungsgedanke von Pfarrer Wolff, dem Vater des Hauses, war es, Kranken „ohne Rücksicht auf ihr religiöses Bekenntnis Aufnahme und Pflege zu gewähren“. Dies gilt heute mehr denn je. Das St. Marien-Hospital bietet beispielsweise spezielle Serviceleistungen für muslimische Patienten an: Beschneidungen werden „von erfahrenen Ärzten“ vorgenommen, auf Wunsch werden Frauen nur von Frauen behandelt und gepflegt, Männer nur von Männern, und es gibt einen eigenen stillen Gebetsraum im dritten Stock.

Nicht nur bei den Patienten dieser nach wie vor katholisch getragenen Einrichtung, sondern auch beim Personal sind inzwischen „fast alle Glaubensrichtungen vertreten“, erklärt Andreas Weymann, Mitglied der Geschäftsführung. Einzige Voraussetzung: „Sie dürfen christlichen Prinzipien nicht widersprechen.“

Das St. Marien-Hospital läuft seit 2006 unter dem Dach der Contilia Gruppe und arbeitet hier mit anderen Einrichtungen eng zusammen, um medizinische Behandlungsqualität zu steigern.

Umbau in den nächsten Jahren

Andreas Weymann nennt zwei Beispiele: Kooperationen mit der Kardiologie im Essener Elisabeth-Krankenhaus, deren Geräte genutzt werden können, ohne dass man Herzpatienten verlegt, und mit den Experten vom Essener Haus Berge, das im Bereich Demenz hoch spezialisiert ist.

In den kommenden Jahren möchte das Mülheimer St. Marien-Hospital zweierlei in Angriff nehmen: „Wir wollen uns in einigen Bereichen noch stärker spezialisieren“, kündigt Weymann an und nennt insbesondere die Orthopädie und Unfallchirurgie.

Außerdem soll „die räumliche Situation und die Unterbringungsqualität der Patienten in den kommenden drei bis vier Jahren deutlich besser werden als jetzt“. Wie Weymann andeutet, sollen Teile des Hauses komplett erneuert und umgebaut werden, genaue Pläne, über die man öffentlich reden möchte, gebe es aber noch nicht. All das wird jedoch auf dem angestammten Grundstück zwischen Kaiserstraße, Adolfstraße und Muhrenkamp geschehen. Wie seit 125 Jahren.