Mülheim.

Wenn sonntags der Kopfschmerz pocht oder es feiertags im Rücken zwickt, ist das nicht gleich ein Fall für die Notfall-Ambulanz. Dennoch brauchen Patienten, wenn der Hausarzt Feierabend hat, eine Anlaufstelle, wo sie im Notfall Rezepte oder eine schmerzlindernde Spritze bekommen.

Dafür hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) eine Notfallpraxis im St. Marien-Hospital eingerichtet, in der die niedergelassenen Ärzte täglich Dienst schieben. Das Angebot soll außerdem helfen, die Notfallambulanzen der Krankenhäuser zu entlasten. Auf dem Flur im St. Marien- Hospital warten sechs Patienten vor der Tür der Notfallpraxis. Wer darf als nächster rein, wer steht schon länger an? Die Dame mit Rückenschmerzen drängt auf schnelle Behandlung, eine Frau mit Kopfschmerzen hält dagegen: „Mir geht es aber schlechter!“ Manchen ist es egal, sie halten sich die Hand auf den Bauch, andere kreisen mit den Fingern über ihre Schläfen. Ein kleines Mädchen schaut bedrückt zu ihrem Vater hoch, auch sie hat Bauchweh.

"Ich stelle Ihnen ein Rezept aus"

Die Tür klickt auf und Gabi Fischer wirft einen prüfenden Blick auf den Flur. Die freundlich-forsche Frau mit den Locken ist hier die Leitende Arzthelferin und macht den Job in der Notfallpraxis seit sechs Jahren – lange genug, um zu erkennen, wer schnelle Hilfe braucht. Sie winkt das Mädchen und ihren Vater ins Behandlungszimmer. Dort klopft ihr Dr. Christopher Rhode den Bauch ab und beruhigt den Vater, er brauche sich keine Sorgen zu machen. „Ich stelle Ihnen ein Rezept aus“, sagt Rhode, notiert etwas auf den rosafarbenen Zettel und wünscht gute Besserung.

Seit über 20 Jahren leistet der Unfallchirurg Notfall-Dienste. Diesen Samstag springt er als Vertretung für einen Allgemeinmediziner von 9 bis 16 Uhr in der Notfallpraxis ein. Danach ist ein Kollege bis 22 Uhr an der Reihe, zeitgleich hat ein anderer Arzt Fahrdienst und macht Hausbesuche. In zweieinhalb Stunden hat Dr. Rhode bereits 18 Patienten untersucht. „Samstags ist Stoßtag“, weiß er. An Brücken- und Feiertagen wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten sei sowieso viel los.

Drei Behandlungsräume angemietet

Die drei Behandlungsräume hat die KV im St. Marien-Hospital angemietet. Mit den Diensten selbst hat das Krankenhaus nichts zu tun, die teilt die KV ein. Bis auf Augen- und Zahnärzte kommt jeder an die Reihe – so müssen HNO-Ärzte auch Fälle für Internisten und umgekehrt behandeln. „Das ist nicht immer einfach“, weiß Dr. Rhode. Und erklärt es anhand eines Beispiels: „Zu mir kam mal ein Patient mit entzündetem Auge, der um eine Augensalbe bat.“ Der Unfallchirurg schickte den Mann weiter zu einem Facharzt in die Notfall-Ambulanz. Denn: „Ich bin eben kein Augenarzt. Wenn ich eine falsche Salbe verschreibe und der Patient Schäden davon trägt, habe ich die Verantwortung dafür.“

Und so hört Dr. Rhode ab, misst den Blutdruck, schiebt Holzstäbchen in Rachenräume und stellt Krankenscheine aus. „Eigentlich verschreibe ich in der Regel nicht mehr als sechs Medikamente.“ Gabi Fischer nickt und ergänzt: „Meistens gegen Blasenentzündung, Bronchitis, Rückenschmerzen.“ Die meisten hoffen auf schmerzlindernde Spritzen, Tabletten oder Salben, manche möchten auch einfach nur reden oder bitten um einen Krankenschein – auch das gehört zu einem normalen Notdienst. „Indem wir uns um diese Fälle kümmern, entlasten wir die Kollegen der Krankenhaus-Ambulanz.“ Vor Dr. Rhode stapeln sich acht Patienten-Karten, auf dem Flur hat sich mittlerweile eine Schlange gebildet. Es geht weiter: Gabi Fischer klickt die Tür auf: „Der Nächste bitte!“