Mülheim.

Mechthild Klatt pflegt ihren heute 90-jährigen Vater schon seit sieben Jahren. Als ihre Mutter plötzlich an einem Herzinfarkt verstarb und deutlich wurde, dass ihr Vater nicht alleine zurecht kam, musste sie mit ihrer Familie rasch eine Entscheidung treffen. „Ich bin das einzige Kind, und meine Eltern waren immer für mich und meine Familie da“, erklärt die selbstbewusste Frau.

Also baute Familie Klatt das renovierungsbedürftige Elternhaus aus den Sechzigern um, gab die Mietwohnung auf und zog zum zunehmend dement werdenden Vater. Mittlerweile ist der Senior bei Pflegestufe drei angelangt, bettlägerig und ein Vollzeit-Pflegefall, aber Mechthild Klatt hat ihre Entscheidung nie in Frage gestellt. Sie lacht, wenn sie erzählt, welche Schwierigkeiten ihr alle schon widerfahren sind und wie sie sich durch den Behördendschungel gearbeitet hat.

Ihr Jahr plant die aktive Frau lange im voraus, denn sonst bekommt sie keinen Kurzzeitpflegeplatz, um mit ihrem Mann Urlaub machen zu können. Als sie eine Operation benötigte, war sie auf eine rasche Unterbringung des Vaters mit Unterstützung der Verhinderungspflege angewiesen. Da musste die OP so lange warten, bis einer der wenigen zur Verfügung stehenden Plätze gesichert war.

Denkanstöße und praktische Hinweise

Letztlich versucht sie, die enorme Belastung mit Humor, Pragmatismus und ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für die Caritas zu bewältigen, denn „ich muss auch mal raus und andere Menschen sehen“. Dabei helfen ihr seit zwei Jahren auch die regelmäßigen Treffen in den Räumen der Familien- und Krankenpflege e.V. und der dort stattfindende Austausch mit Menschen, die verstehen, wovon sie spricht.

Mechthild Klatt ist nur ein Beispiel für die Besucher, die das Gesprächskreis-Angebot des Pflege-Dienstleisters hin und wieder oder monatlich wahrnehmen. Im Juni sind drei Damen gekommen, ein regelmäßiger männlicher Gast lässt sich entschuldigen, weil er seine schwer kranke Frau nicht alleine lassen möchte.

Kirsten Wennemers, Krankenschwester und Pflegeberaterin, bereitet sich auf den Nachmittag vor, bringt Informationen mit. Für einen Kaffee, etwas Freude und Entspannung findet sich ebenfalls Zeit. Sie betont zu Beginn, das die Wahrnehmung von Leid und Belastung relativ und nicht bewertbar sei, moderiert einfühlsam das Gespräch, gibt Denkanstöße und praktische Hinweise.

Probleme mit der Bürokratie

An diesem Nachmittag geht es vor allem darum, was alles geschehen kann, wenn die pflegende Person plötzlich ausfällt. Wer hilft rasch und unbürokratisch. Die anwesenden Frauen berichten - teils emotional und sehr betroffen - über eigene Erlebnisse und ihre Hilflosigkeit.

Vor allem über die Probleme mit der Bürokratie wird Dampf abgelassen, über zu kurze Krankenhausaufenthalte, nach denen die Pflegebedürftigen zu Lasten der Pflegenden halbgenesen nach Hause geschickt werden, über Versuche, Kosten für eine Taxifahrt erstattet zu bekommen oder die Schwierigkeit, wie man nach einem Krankenhausaufenthalt freitagmittags noch Medikamente für das Wochenende besorgen kann. „Das bleibt alles nicht in den Kleidern hängen.“