Mülheim. .
Die Bürgerinitiative am Hafen, die seit Jahrzehnten gegen die Belastungen durch die Schrottverarbeitung kämpft, erhöht den Druck auf die Behörden. In einem Schreiben an die Regierungspräsidentin in Düsseldorf fordern die Anwohner eine umgehende Reduzierung der Immissionen und kritisieren, dass es bis heute kein Lärmgutachten für das Wohngebiet gebe. „Wir sind davon überzeugt, dass die Behörden umgehend handeln müssten, wenn die Lärmwerte kontinuierlich erfasst würden und vorlägen“, sagt Horst Buchmüller, Sprecher der Bürger in dem Viertel.
Inzwischen hat sich in weiten Teilen der Mülheimer Politik und in der Verwaltung der Eindruck verfestigt: Die Lärmbelastung ist für Menschen extrem. Die Bezirksregierung hatte jetzt erklärt, dass sie zumindest bei der Belastung der Luft durch Schwermetalle von einer Reduzierung in den nächsten zwei Jahren ausgehe. Zum Lärm kein Wort. Doch nach jahrzehntelangem Kampf wollen die Bürger sich nicht auf weitere derart lange Wartezeiten einlassen.
Zweijähriger illegaler Betrieb der Schrottschere nicht aufgefallen
In einem Schreiben, das auch an den Umweltminister und an die Gesundheitsministerin des Landes ging, erheben die Bürger zugleich schwere Vorwürfe gegen die Betreiberfirma der Schrottverarbeitung: „Erstaunlich ist, dass ein zweijähriger illegaler Betrieb der Schrottschere den Vertretern der Bezirksregierung bei den Betriebsrundgängen nie aufgefallen ist.“ Wie es heißt, soll eine deutlich größere Schere in Betrieb genommen und diese mit einem alten Typenschild ausgestattet worden sein. Wie die Anwohner und die Mülheimer Bürgerinitiativen berichten, lägen ihnen dafür zugespielte Foto-Beweise vor.
Die Bezirksregierung soll auf dem Missstand aufmerksam gemacht worden sein, „passiert ist offensichtlich nichts“. Die Betreiberfirma selbst habe dann die große Schere freiwillig stillgelegt und den Betrieb neu beantragt. „Wäre dabei eine öffentliche Beteiligung nicht zwingend erforderlich gewesen?“ fragt Buchmüller und zweifelt stark am Vorgehen der Behörden. Die Bezirksregierung will sich heute zu dem Vorwurf äußern, die Betreiberfirma Jost war für die WAZ nicht zu sprechen, hatte jedoch in der Vergangenheit stets betont, dass sie sich absolut vertragsgetreu und legal am Standort verhalte.
Unzumutbare Erschütterungen
Die Befürchtungen der Bürger gehen dahin, dass künftig die Auslastung der Schere sogar noch erweitert werden könnte. Von zwölf Stunden Laufzeit statt sechs am Tag ist die Rede und von täglich 150 Tonnen Schrott, die zerkleinert werden sollen. „Es herrscht ein Höllenlärm, es gibt unzumutbare Erschütterungen durch die beiden Uralt-Falltürme, in denen sehr schwere Eisenkugeln vorsintflutlich die Stahl- und Eisenteile zertrümmern. Daneben zerschneidet eine riesige Schrottschere unter Getöse Altstahl aus aller Herren Länder, und alles weitgehend unter freiem Himmel und in direkter Nachbarschaft zu den Wohngebieten sowie im Trinkwasserschutzgebiet“, empören sich die Mülheimer Bürgerinitiativen. Für sie ist die Anlage inzwischen nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch ein städtebauliches, das die Entwicklung von Broich und Speldorf behindere.
Die Bürger wollen den Druck erhöhen, sich nicht mehr abspeisen lassen. Zumindest haben sie jetzt die breite Unterstützung der Mülheimer Politik erhalten, dass die Verhandlungen des Unternehmens zu einer Erweiterung öffentlich diskutiert wird. Ob dem die Bezirksregierung folgt, ist noch offen.