Mülheim. .

Ausgebildet, motiviert, sprachkundig – doch das alles nützt Svetlana Gerschelis aus der Ukraine nichts. Seit fast 20 Jahren nun schon versucht die Grundschullehrerin auch in einer Klasse in Deutschland zu arbeiten. Vergeblich.

Selbst als Quereinsteigerin fand sie keinen Zugang ins deutsche Bildungssystem. Und auch die Versuche, als Erzieherin einen Job zu bekommen, scheiterten. Ihre Ausbildung wird nicht anerkannt. Kein Einzelfall. Es sind Fälle wie diese, die den Geschäftsführer des Diakoniewerks Arbeit & Kultur, Ulrich Schreyer, auf die Palme bringen: „Wir suchen weltweit nach gut ausgebildeten Fachkräften, wir haben sie aber vor Ort, nur nutzen wir sie nicht, bauen statt dessen bürokratische Hürden auf, die wir uns eigentlich nicht leisten können.“ Er kritisiert ein System, das Menschen keine Chance gibt und sie zu Hilfsempfängern macht. „Wir verschwenden hier Geld auf Kosten der Steuerzahler.“

Lehrer-Diplom aus der Ukraine wird nicht anerkannt

Svetlana, die 24 Jahre alt war, als sie mit ihrem Mann und ihren Eltern nach Deutschland kam, hangelt sich mit Zeitverträgen und Gelegenheitsjobs durchs Leben. So war sie zeitweise als Ein-Euro-Jobberin bei der Mülheimer Tafel tätig. „Ich würde gerne Kinder unterrichten, ich habe in Kiew ein Diplom als Lehrerin gemacht und vier Jahre lang Kinder dort im Alter von sieben bis zehn Jahren unterrichtet“, erzählt sie.

Doch eben dieses Lehrer-Diplom aus der Ukraine wird ihr nicht anerkannt. Vier Anträge hat sie inzwischen an die zuständige Bezirksregierung in Detmold gestellt, um pädagogisch arbeiten zu können. Nach deren Prüfung kamen Standardschreiben als Antwort: „Den Abschluss eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums weisen Sie damit nicht nach, da die von ihnen besuchte Pädagogische Fachschule in Deutschland nicht als Hochschule zu behandeln ist“, heißt es etwa in einem der Schreiben. Es werde, so Schreyer, den Menschen auch keine Perspektive aufgezeigt, wie sie etwa durch Zusatzqualifikationen in ihrem erlernten Beruf eines Tages arbeiten könnten.

Viele Abschlüsse werden nicht anerkannt

Leute wie Svetlana gibt es viele in Mülheim. Allein von den 44 Fachkräften mit Migrationshintergrund, um die sich das Diakoniewerk kümmert, erhielten lediglich elf eine Anerkennung ihres Abschlusses.

Warum eine Hebamme aus dem Kosovo, ein Koch aus den Niederlanden, ein Lkw-Fahrer aus Portugal, ein Bauhelfer aus Bosnien oder ein Maler aus Russland ihre Abschlüsse nicht anerkannt bekommen, kann man bei der Diakonie nur schwer nachvollziehen. Von Top-Mathematikern und anderen Fachkräften spricht Schreyer, die letztlich als ungelernt eingestuft werden, womit ihre Vermittlungschancen drastisch sinken.