Berlin. . In ihren Heimatländern sind sie Ärzte oder Ingenieure - in Deutschland fahren sie Taxi. Jetzt soll die Anerkennung ausländischer Abschlüsse in Deutschland vereinfacht werden. 300.000 Menschen könnten davon profitieren.
Die Bundesregierung will qualifizierten Ausländern in Deutschland die Arbeitsaufnahme in ihrem erlernten Beruf erleichtern. Darum soll voraussichtlich ab April nächsten Jahres jedem Zugewanderten per Rechtsanspruch garantiert werden, dass sein im Ausland erworbener Bildungs- oder Berufsabschluss individuell binnen drei Monaten geprüft wird.
Mit dem am Mittwoch im Kabinett verabschiedeten Entwurf für das so genannte "Anerkennungsgesetz" wird sich nach dem Bundesrat im Juni erstmalig der Bundestag beschäftigen.
Schavan: "Qualifikationen anderer respektieren"
Wie Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte, könnten davon bis zu 300 000 hier lebende Ausländer profitieren. Ihnen sei trotz guter Qualifikation in Berufen aus Industrie, Handel Handwerk und Verwaltungen der Zutritt zum Arbeitsmarkt oft verwehrt. Mit der Konsequenz, dass sie sich zum Beispiel als Taxifahrer, Tellerwäscher oder Kellner verdingen müssten. Schavan: "Das Gesetz ist ein überfälliges Zeichen, dass wir die Qualifikationen anderer respektieren. Es steht für eine Willkommenskultur und wird zum Abbau von Hochnäsigkeit führen."
Nach dem geplanten Verfahren soll dem Bewerber, der seine Zeugnisse oder Examina einreicht, nach der Prüfung mitgeteilt werden, welche Weiterbildung notwendig wäre, damit der Abschluss als gleichwertig anerkannt werden kann. Es geht um rund 350 Ausbildungsberufe, für die der Bund zuständig ist. Von den Bundesländern, die für Berufe wie Lehrer, Ingenieur oder Architekt zuständig sind, wird die Einführung eines analogen Systems erwartet.
Das Prüfverfahren kann jeder Mensch im In- und Ausland in Anspruch nehmen; unabhängig von Aufenthaltsstatus, Alter oder Staatsangehörigkeit. In dem Gesetzentwurf ist auch vorgesehen, dass Bewerber aus Drittstaaten die Laufbahn zum Bundesbeamten einschlagen dürfen. Außerdem fällt künftig weg, dass Ärzte und Tierärzte nur mit deutscher Staatsbürgerschaft eine Approbation (Zulassung) erhalten können.
Experten rechnen im Gesetzgebungsverfahren noch mit Schwierigkeiten, da fast sämtliche Bundesministerien, die Länder, die Tarifparteien und die berufsständischen Organisationen eingebunden werden müssen, um zahlreiche Berufs- und Ausbildungsordnungen zu ändern.
Laut Schavan erwartet der Bund aber keine nennenswerten Widerstände. Der allseits von der Wirtschaft beklagte Facharbeitermangel werde schon für die Akzeptanz dieses Gesetzes sorgen, sagte die CDU-Politikerin. "Das ist gewollt, das kommt."
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) unterstützt das Vorhaben und fordert auf Ebene der Europäischen Union ähnliche Anstrengungen. Mehr Qualifikationen als zurzeit sollen automatisch anerkannt werden. Außerdem müsse die Prozedur des Prüfverfahrens in der gesamten EU entbürokratisiert werden, erklärte der FDP-Politiker.