Mülheim. .
Zufrieden in der Bilanz für 2011, hoffnungsfroh in der Prognose: Die Agentur für Arbeit sieht den heimischen Arbeitsmarkt von der Euro-Krise unberührt. Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise vor zwei Jahren habe sich die Situation „weiter verbessert und stabilisiert“.
Die Statistik. Die offizielle Statistik wies zum Jahreswechsel 6630 arbeitslose Mülheimer aus. Das waren 643 weniger als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote sank von 8,9 auf 8,0 %. Die vom Bund gesetzten Statistikregeln blenden allerdings einen großen Teil von Menschen aus, die ohne festen Job dastehen, etwa Menschen in Maßnahmen, in Ein-Euro-Jobs oder Ältere, die sich nach längerer erfolgloser Jobsuche von Vermittlungsaktivitäten der Agentur freistellen lassen haben (§ 53a SGB II). Berücksichtigt man all diese Personen, offenbart sich das tatsächliche Ausmaß der Unterbeschäftigung: Die Agentur spricht hier von 8714 Mülheimern – das entspräche einer Quote von 10,5 %. Die Quote liegt noch etwas höher, denn es liegen keine Daten der Mülheimer Sozialagentur zum benannten § 53a vor. Zum Vergleich: In Oberhausen fallen auf diese Weise 557 Menschen aus der Statistik.
Arbeitskräfte-Nachfrage. Der Geschäftsführer der Agentur, Heinrich Lehnert, freut sich über eine steigende Arbeitskräfte-Nachfrage. So seien der Agentur im Vorjahr von Mülheimer Unternehmen 19 % mehr Stellen zur Vermittlung gemeldet worden als im Jahr 2010 (Essen: 27,5 %, Duisburg: 15 %, Oberhausen: 4,8 %). So viele freie Stellen hat es in Mülheim in den letzten sieben Jahren nie gegeben. Weiterhin vernimmt die Agentur „eine optimistische Stimmung“ bei den Unternehmen, so erwarte man auch für 2012 „eine positive Entwicklung“.
Fachkräfte-Mangel. Noch, sagt der Agentur-Chef, könne nicht pauschal von einem Fachkräftemangel die Rede sein. Die demografische Entwicklung werde das Thema aber bedeutsamer machen. Zurzeit gebe es spürbar Engpässe in technischen und Gesundheitsberufen. „Es ist in der Altenpflege nicht mehr unmöglich, mit Mitte bis Ende 40 oder Anfang 50 eine Ausbildung zu durchlaufen, so Wolfgang Draeger, stellvertretender Geschäftsführer der Agentur. Mit Blick auf die Demografie glaubt er, „dass es sich in den Köpfen der Arbeitgeber wird festsetzen müssen, dass dort im höheren Alter noch arbeitswillige Menschen sind.“
Förderung. 30 Mio Euro hat die Agentur im Jahr 2011 in Förderprogramme für den Arbeitsmarkt in Mülheim und Oberhausen gesteckt, darunter 2,9 Mio Euro Kurzarbeitergeld. Selbst gewählter Schwerpunkt dabei war die Förderung junger Menschen unter 25 Jahren. Für spezielle Maßnahmen wie Einstiegsqualifizierungen, vertiefte Berufsorientierung an Schulen oder berufsbegleitende Hilfen wurden 4,4 Mio Euro ausgegeben, für die Förderung von Ausbildungen bei Bildungsträgern und Unternehmen flossen weitere 3,5 Mio Euro. Gute Erfolge erzielt die Agentur nach eigenen Angaben mit Gründungszuschüssen (2011: 6,9 Mio Euro).
Herausforderungen. Angesichts der Erwartung, dass der Fachkräfte-Nachwuchs weniger wird, appelliert Lehnert, „brach liegendes Potenzial“ zu nutzen. Dazu zähle, junge Menschen besser auszubilden, auch, dass Unternehmen mehr in die Weiterqualifizierung ihres Personals investieren. Für Alleinerziehende seien Hürden abzubauen, etwa durch Angebote zur Kinderbetreuung, insgesamt sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. „Deutlich mehr“ müsse die Gesellschaft die Potenziale von Migranten nutzen. Nicht erfasst ist, wie hoch der Migrantenanteil an der Masse an Arbeitslosen ist. Die Statistik weist nur den Anteil der arbeitslosen Mülheimer mit ausländischem Pass an der Gesamtzahl aus – allein dieser liegt mit 29,4 % alarmierend hoch.