Mülheim. .

SPD und CDU wollen den Pläne der Stadtverwaltung zur Ausdünnung des Straßenbahnnetzes bei gleichzeitigem Ersatz durch Buslinien zur politischen Mehrheit verhelfen, unter einer Voraussetzung: Die Bezirksregierung spielt mit und lässt das Projekt nicht durch übermäßige Rückzahlungsforderungen für Fördermittel platzen.

Wie bereits angekündigt, haben SPD und CDU gestern ein gemeinsames und daher mehrheitsfähiges Eckpunktepapier zur ÖPNV-Debatte präsentiert, das als Beschlussvorschlag am 19. April erstmals im Wirtschaftsausschuss zur Debatte stehen wird. Auf acht Eckpunkte hat sich die „Große Koalition“ verständigt, wobei allerdings alles unter Vorbehalt gesetzt ist: Die SPD will sich ein Türchen offen lassen, um die Ergebnisse ihrer Prüfaufträge. Auch um Übereinkünfte mit anderen Fraktionen in ein Liniennetzkonzept einfließen lassen zu können. CDU-Fraktionschef Wolfgang Michels kündigte an, dass von seiner Fraktion auch „weitere Anregungen“ einfließen sollen.

Harte Linie aus Düsseldorf

Aber zu den Eckpunkten; Nummer eins ist wohl der wesentliche: SPD und CDU erklären sich grundsätzlich bereit, die Pläne der Verwaltung für das Straßenbahnnetz mitzutragen. Heißt: Ersatz der Straßenbahn 110 (Friesenstraße – Hauptfriedhof) und des Flughafen-Astes der 104 durch Busverkehr, Verlängerung der 112 bis zum Hauptfriedhof, neue Endhaltestelle der 104 an der Wertgasse.

Ihre Zustimmung zu diesem Konzept machen die zwei Fraktionen – über ihren grundsätzlichen Vorbehalt hinaus – davon abhängig, dass sich die Stilllegung der 110 in akzeptablem Zeitraum wirtschaftlich rechnen lässt. Heißt: Wenn die Bezirksregierung von ihrer Drohung abgebracht werden kann, einen millionenschweren Batzen Fördermittel zurückzufordern, würde die jüngste Förderung der 110 im Rahmen des Verkehrsumbaus Stadtmitte ihrer Zweckbestimmung beraubt. SPD und CDU zeigen sich nach Gesprächen mit einem Vertreter der Bezirksregierung zuversichtlich, dass Düsseldorf sich mit einem schlüssigen, kosten- und nutzenoptimierten Gesamtkonzept überzeugen lässt, Milde walten zu lassen. Der WAZ gegenüber hatte die Bezirksregierung eine harte Linie gegenüber Mülheim angekündigt.

Riesiger Investitionsstau

Im Eckpunktepapier kam die SPD dem Wunsch der CDU entgegen, dass bis Ende des Jahres ein neuer Nahverkehrsplan erstellt sein soll, der eine umfassende Analyse gewachsener und zu erwartender ÖPNV-Bedarfe in der Stadt zur Grundlage hat. Auch hat sich die SPD in Sachen Nachtnetz auf die CDU zubewegt. Ihr kategorisches Nein zur Vorverlegung des Nachtbetriebs von 23.30 auf 22.30 Uhr hat die SPD geopfert. Mit der CDU vereinbart ist, die Nachtexpresse in Abstimmung mit den Nachbarstädten Duisburg, Oberhausen und Essen ab 23 Uhr fahren zu lassen. Weiterhin steht die gemeinsame Forderung, kurzfristig fünf neue Straßenbahnen anzuschaffen, um dem riesigen Investitionsstau zumindest etwas die Wucht zu nehmen.

Strukturell sparen

Festgeschrieben haben SPD und CDU auch Einsparziele: So soll es die MVG schaffen, „durch eine sukzessive und strukturelle Ergebnisverbesserung“ das aktuelle Jahresdefizit von rund 27 Mio. Euro bis zum Jahr 2017 um 2 Mio. Euro jährlich zu drücken. Kosten- und Erlösoptimierungen sollen bis 2019 nochmals 1,5 Mio. Euro weniger Zuschüsse aus Steuergeld nötig machen.

„Das ist ein anspruchsvolles Ziel“, so SPD-Frontmann Dieter Wiechering, der wie Michels betonte, dass angesichts der Haushaltsmisere keine Zeit sei, im ÖPNV Traumschlösser zu bauen. Es gehe darum, das Angebot zwar zu optimieren, aber eben unter der Maßgabe steigender Wirtschaftlichkeit.