Mülheim. .

Die Sozialagentur spricht von einem „konstant hohen Niveau“ bei der Zahl der Mülheimer, die trotz Arbeit auf Hilfen zur Grundsicherung angewiesen sind. Die Statistik weist die aktuellsten Zahlen für Juni 2011 aus: Zu jenem Zeitpunkt zählte die Agentur 3348 sogenannte Aufstocker, deren Lohn nicht zum Leben reichte. Das entspricht nahezu einem Drittel aller erwerbsfähigen Hilfeempfänger.

Problematisch darunter sind insbesondere die Fälle, in denen Menschen Vollzeit arbeiten, aber das Geld dennoch nicht reicht. Mit Steuermitteln wird dann die Lücke geschlossen, die der Arbeitgeber nicht zu schließen bereit ist. „Wir schauen uns alles genauer an, was unter einem Stundenlohn von 5,50 Euro ist“, beschreibt der Chef der Sozialagentur, Matthias Spies, das Prozedere, das die Agentur starte, um möglicherweise sittenwidrige Entlohnung der Arbeitgeber zu Lasten der Steuern zahlenden Allgemeinheit aufzudecken.

Während die Gewerkschaft Verdi immer wieder von solchen Fällen berichtet, etwa in der aktuellen Auseinandersetzung mit der Speldorfer Getränkemarktkette „Trink & Spare“, sieht Agentur-Chef Spies „keine großen Auffälligkeiten“. Bisher habe seine Behörde in keinem einzigen Fall einen Arbeitgeber haftbar gemacht und von ihm Geld zurückgefordert, das die Behörde nur wegen sittenwidriger Entlohnung habe zahlen müssen.

Angst vor Jobverlust

Spies räumt ein, dass eine Prüfung schwer sei. Gerade im Bereich der Minijobs mit Lohn bis zu 400 Euro: „Da ist es schwer nachzuvollziehen, wie viele Stunden der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet. In der Regel arbeiten die Menschen dort mehr, als in den Verträgen drin steht.“ Ein Dilemma: Die Aufstocker scheuten es, Missstände bei der Agentur anzuzeigen. „Sie haben Angst, ihren Job zu verlieren.“

Um Aufstockern dazu zu verhelfen, aus dem Leistungsbezug herauszukommen, hat die Sozialagentur etwa das Programm „Midi Plus“ für Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen zwischen 400 und 800 Euro aufgelegt. Dabei wird gezielt der Arbeitgeber angesprochen, welche geförderten Qualifizierungen helfen könnten oder welche Möglichkeiten bestehen, dass ein Mitarbeiter im Betrieb ausreichend Geld verdienen kann. „Das läuft gut“, sagt Jennifer Neubauer. „Aber wir haben nur 60, 70 Teilnehmer an dem Programm. Insgesamt besteht die Zielgruppe in Mülheim aus fast 500 Personen.