Mülheim. In Mülheim sind erste Fälle einer ansteckenden Bindehautentzündung aufgetreten - der als „Augengrippe“ bezeichneten „Keratoconjunctivitis epidemica“. Der Erreger grassiert derzeit im Ruhrgebiet. Epidemie-Ausmaße, wie in Nachbarstädten, hat das Virus in Mülheim aber nicht angenommen.

Es brennt, schwillt und schmerzt – die sogenannte Augengrippe grassiert derzeit im gesamten Ruhrgebiet. In Bottrop hat das Virus mit dem sperrigen Namen „Keratoconjunctivitis epidemica“ bereits die örtliche Augenklinik lahm gelegt. 100 Patienten haben sich dort mit der hoch infektiösen Bindehautentzündung angesteckt. Auch in Mülheim sind erste Fälle der Augenkrankheit aufgetreten.

Vor drei Wochen wurde Patient L. am Auge operiert. Danach musste er zu Nachuntersuchungen in die Arztpraxis, in die Augenklinik und zum Optiker. An einem dieser Orte muss er sich mit dem Virus angesteckt haben, vermutet er. Seitdem ist neben dem operierten auch sein gesundes Auge mit der Bindehautentzündung infiziert. „Die Augen sind gerötet, es sticht und brennt“, sagt der Betroffene. Nun wartet er zu Hause auf Heilung, vermeidet möglichst den Kontakt zu Mitmenschen und muss auf absolute Hygiene achten: Hände, Türklinken, Schrankgriffe und Telefonhörer desinfizieren – um nicht noch die Familie anzustecken.

In Mülheim noch keine Epidemie-Ausmaße

„Das Virus grassiert im Moment massiv“, bestätigt Dr. Dieter Weber, stellvertretender Leiter des Gesundheitsamts. Die ersten Fälle von „Epidemica“ melden niedergelassene Augenärzte der Stadt. Treten zwei bis drei Erkrankungen in Krankenhaus, Schule oder Kindertagesstätte auf, die sich durch einen Abstrich nachweisen lassen, sind die Einrichtungen verpflichtet diese zu melden. Dies sei derzeit jedoch nicht der Fall. Epidemie-Ausmaße, wie in Nachbarstädten, hat das Virus in Mülheim nicht angenommen.

„Bisher hatten wir keine Fälle“, sagt der Chefarzt der Augenklinik im Ev. Krankenhaus, Dr. Cay Christian Lösche. Das liege vor allem an der Hygiene. „Seit wir vor zwei Jahren eine Epidemie hatten, achten wir penibel darauf“, sagt er. Schließlich sei der Aufwand, eine Epidemica-Epidemie einzudämmen sehr hoch. „Die meisten Fälle werden aber nicht in der Klinik, sondern bei niedergelassenen Augenärzten behandelt.“

Spezielle Vorkehrungen bei einem Verdacht

Patienten der Augenklinik waren bisher nicht betroffen, aber allein am Neujahrstag kamen acht Patienten in die Notfall-Ambulanz, die sich wegen einer Bindehautentzündung behandeln ließen. „Sie kamen hauptsächlich aus Nachbarstädten, wo sie bereits in Arztpraxen behandelt wurden.“ Für Betroffene mit Verdacht auf diese Augengrippe werden spezielle Vorkehrungen getroffen: Eine gesonderte Wartezone und ein spezielles Untersuchungszimmer, das komplett desinfiziert werden kann, sollen vor Ansteckungen schützen. Das bestätigt Patient L.: „Nach meiner Untersuchung wurde das ganze Zimmer desinfiziert, sogar die Türklinken abgewaschen.“

Besonders starke Schwellungen

Besonders unangenehm sei das Virus in diesem Winter, weiß Dr. Cay Christian Lösche. „Es sind besonders starke Schwellungen zu beobachten.“ Problematisch sei ebenso, dass Betroffene während der Inkubation von drei bis vier Tagen keine Beschwerden haben und in dieser Zeit das Virus weiter geben. Denn übertragen wird die „Epidemica“ durch Schmier- und gelegentlich auch Tröpfcheninfektion. „Hauptübertragungsweg ist der Hand-Augen-Kontakt“, erklärt Dr. Dieter Weber. Auf dem Busknopf kann das Virus genauso sitzen, wie auf der Türklinke. Die Ansteckungswege seien vergleichbar mit einem Grippevirus, so Weber. Häufiges Händewaschen sei daher oberstes Gebot.