Mülheim.
Zwei Wochen noch, dann werden die ersten Kinder und Jugendlichen eine „Ruhrwende“ vollführen können: Am 2. Januar eröffnet in Saarn eine Tagesklink mit diesem Namen, in der Zehn- bis 18-Jährige psychiatrisch behandelt werden.
Und um bei den Nachbarn erst gar keine Sorgen aufkommen zu lassen, lud das Team der Einrichtung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) am Samstag zu einem Tag der offenen Tür.
Noch riecht es nach Renovierung, die weißen Wände sind makellos, Sitzsack und Spiele unbenutzt. Mit Beginn des neuen Jahres wird Leben in die Räume kommen. „Alltag“, sagt eine Mitarbeiterin der Klinik, soll in dem Gebäude an der Düsseldorfer Straße 136 stattfinden – und damit etwas, das den jungen Patienten, die dort wohnortnah behandelt werden, oft fehlt. Sie leiden an Angsterkrankungen, Depressionen, emotionaler Instabilität, Zwangserkrankungen, Essstörungen oder gehen nicht mehr zur Schule.
Minimal vier Wochen Behandlung
Zehn Behandlungsplätze bietet die Tagesklinik, die laut Dr. Manuel Föcker, dem Leitenden Arzt, vornehmlich mit Mülheimer Jugendlichen belegt werden sollen. „Es sind Kinder, für die eine ambulante Behandlung zu wenig ist und eine stationäre zu viel“, erklärt der Mediziner.
Minimal vier Wochen und maximal drei Monate dauert die Behandlung üblicherweise. Die ersten Plätze sind bereits belegt. Von 8 bis 17 Uhr sind die Patienten in der Klinik, bleiben sonst aber in ihrem gewohnten Umfeld. Denn der Zusatz „wohnortnah“ ist ein wichtiger: Bisher war die LVR-Klinik in Viersen für Mülheimer Jugendliche zuständig.
Die inhaltliche Trennung zwischen Therapie und Freizeit wird in Saarn auch räumlich vollzogen. Die Therapieräume sind an der Düsseldorfer Straße 138 untergebracht, in einem Gebäude gegenüber. Dort wurde eine ehemalige Kinderarztpraxis renoviert.
Zwei Lernräume
Neben Ergo- und anderen Therapieräumen entstanden auch zwei Lernräume. Lehrerin Anne Sümnik und Sonderpädagogin Anika Welz unterrichten die Jungen und Mädchen hier „nach den Lehrplänen ihrer Heimatschule“. Denn für viele Jugendliche sei Schulvermeidung ein Teil der Krankheit, das gelte es aufzubrechen. „Wir wollen wieder Spaß am Lernen vermitteln“, sagt Anne Sümnik. Sport sei ein weiterer wichtiger Aspekt der Therapie.
Den Unterricht der Betreuten an den ihrer Schule anzupassen, macht eine Absprache mit deren Lehrern nötig. Das ist für das multiprofessionelle Team, das aus Ärzten, Psychologen, Familien- und Fachtherapeuten, aus Erziehern, Kinderkrankenpflegern, Pädagogen und Sozialarbeitern besteht, selbstverständlich. „Um wohnortnah vernünftig arbeiten zu können, muss man Kontakte haben“, betont Dr. Michael Föcker. Man nehme beispielsweise an der Mülheimer Gesundheitskonferenz teil, suche das Gespräch und biete es auch an. Ziel sei, „ein gutes, kommunikatives Netzwerk zu stricken“.
Tag der offenen Tür
Eben deshalb öffnete man Samstag die Türen und lud zur Besichtigung. Offenheit und Transparenz sind für die LVR-Mitarbeitenden der Weg, um klarzumachen: „Es ist nichts Schlimmes, was hier passiert.“
Dr. Michael Föcker weiß, dass der Begriff „Psychiatrie“ Ängste auslösen kann, aber: „Es sind alles Mülheimer Kinder, die alle hier draußen rumlaufen. Und wir helfen ihnen.“