Mülheim.

Die so genannte Schweinegrippe sorgte noch im (vor-) letzten Winter für Aufregung. Wie sieht es mit der Grippeschutzimpfung in diesem Jahr aus? Nachgefragt bei Dr. Peter Ramme, der als niedergelassener Allgemeinmediziner 1. Vorsitzender des Ärztenetzwerks Doc-net-mh ist.

Lassen sich viele Mülheimer gegen die Grippe impfen?

Dr. Peter Ramme: Es ist – im Vergleich zur vorherigen Saison – eine deutlich geringere Impfbereitschaft da. Man kann aber nicht sagen, dass sich Patienten aus den Risikogruppen weniger impfen lassen. Das ist – wie ich es in meiner Praxis erlebe – im normalen Rahmen. Aber die Sorge vor einer Grippeerkrankung ist sicher bei den jüngeren, gesünderen Patienten deutlich geringer ausgeprägt als im letzten Jahr.

Wer sollte sich überhaupt impfen lassen?

Dr. Ramme: Über 60-Jährige und chronisch Kranke, also Patienten mit Diabetes und chronischen Lungenerkrankungen wie Asthma oder chronischer Bronchitis. Daneben gibt es noch die Impf-Empfehlung für diejenigen, die in einem Bereich arbeiten, wo sie oft Kontakt mit Menschen haben – zum Beispiel Busfahrer, Lehrer. Auch Kinder sollten sich impfen lassen, weil ja über die Schule eine hohe Ansteckungsgefahr da ist. Wer in einem Altenheim oder Krankenhaus arbeitet, sollte sich aus Selbstschutz impfen lassen, um eine weitere Übertragung des Virus’ zu vermeiden.

Das gilt dann auch für Sie und das Praxisteam.

Dr. Ramme: Ja.

Es lassen sich aber nicht alle Risikopatienten impfen?

Dr. Ramme: Nein. Wir sprechen in der Praxis zwar alle chronisch kranken Patienten an. Es hält sich leider aber immer noch das alte Märchen, dass man von einer Grippeimpfung krank werden kann. Man kann das Pech haben, dass bei einer Impfung gerade auch ein grippaler Infekt im Anfang begriffen ist und das Immunsystem dann dadurch doppelt belastet wird. Dann kann der Infekt ein bisschen stärker durchkommen. Und viele Patienten denken dann, sie sind von der Impfung krank geworden. Aber von der Impfung selbst kann man nicht krank werden.

Warum eigentlich nicht?

Dr. Ramme: Es ist ein Totimpfstoff ohne vermehrungsfähige Viren. Der enthält Bestandteile von Viren, die das Immunsystem sensibilisieren – für diese Viren.

Welche Nebenwirkungen können bei einer Grippeschutzimpfung überhaupt auftreten?

Dr. Ramme: Es kann bei der Impfung in den Oberarm zu einer lokalen Reaktion mit Rötung oder Muskelverhärtung kommen. Wirkliche allergische Reaktionen auf den Impfstoff sind ex­trem selten. Solange der Impfstoff auf Hühnereiern angezüchtet wird, sind Patienten mit Hühnereiweißallergie von einer Impfung ausgeschlossen. Es wird bald einen Impfstoff geben, der auf Immunbasis hergestellt werden kann.

Warum ist die echte Grippe, die Influenza, so gefährlich?

Dr. Ramme: Das Problem sind die älteren oder chronisch kranken Patienten, die Komplikationen bei der Grippe bekommen können, und darüber kommen dann die Todesfälle. In den Risikogruppen haben wir seit Jahren eine zu geringe Durchimpfungsrate. Da müssen wir immer noch Aufklärungsarbeit leisten. Die Grippeimpfung ist ein wichtiger und guter Schutz, vor allem im Paket mit der Impfung gegen Lungenentzündung, gegen Pneumokokken, die auch den Über-60-Jährigen zu empfehlen ist. Wir könnten mit einer höheren Impfbereitschaft sicher etliche Todesfälle verhindern. Es reden ja immer alle von 6000 Toten im Straßenverkehr, und dass man sich anschnallen soll. Aber dass wir etliche tausend Tote in einer normalen Grippesaison haben – also nicht einmal bei einer Epidemie – das fällt leider immer unter den Tisch.