Wer sich gegen das „Schweinegrippe”-Virus H1N1 impfen lassen will, sollte sich bei seinem Hausarzt melden.
Während etwa in Düsseldorf in bestimmten Praxen Impfsprechstunden abgehalten werden, kann in Mülheim jeder niedergelassene Hausarzt impfen. Die jeweilige Praxis wird Termine vergeben: Erstens, weil der Impfstoff erst für die jeweils kommende Woche (und nur übers Gesundheitsamt) angefordert werden kann. Zweitens, weil der Impfstoff nur in Multidosen zu zehn Portionen ausgegeben wird, die – einmal angebrochen – in 24 Stunden verbraucht werden müssen. Was übrig bleibt, muss weggeworfen werden.
Eine Verschwendung, zu der weder Dr. Uwe Brock, Vorsitzender der Ärztekammer in Mülheim, noch Dr. Dorothea Stimpel, Kassenärztliche Vereinigung, bereit sind. Gestern haben die beiden Hausärzte mit der Leitung des Gesundheitsamtes, Dr. Georg Ohde und Dr. Dieter Weber, das Mülheimer Impf-Programm vorgestellt.
Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) empfiehlt, die Bevölkerung in Phasen zu impfen, besonders Gefährdete und Risikogruppen zuerst. Dazu gehören etwa Beschäftigte im Gesundheitsdienst, Ordnungskräfte, Menschen mit geschwächtem Immunsystem und chronisch Vorerkrankte (z.B. Diabetiker). Die Praxen, so Dr. Stimpel, würden ihre Risikopatienten gezielt auf die neue Impfung ansprechen. Für Deutschland stünden in den nächsten Wochen 50 Mio Dosen Impfstoff zur Verfügung, sagt Ohde, der schätzt, dass sich nicht mehr als die Hälfte der Bevölkerung impfen lassen wird. „Wir bekommen Impfstoff für 100 000 Leute.”
Derzeit sei die Nachfrage gering, „so dass die Aufteilung in Risikogruppen nicht so viel Sinn macht” sagt Ohde. Will heißen: Zunächst ist genug für alle Impfwilligen da. Der Impfstoff kommt wöchentlich nach Mülheim: 3000 Impfdosen maximal. Von den ca. 100 Hausarztpraxen haben bislang 25 Impfstoffe angefordert.
Während die Hausärzte ihre Patienten (nach Terminvergabe) impfen, versorgt das Gesundheitsamt alle anderen medizinischen Dienste ohne Betriebsarzt, wie Altenheime, Rettungsdienste, ambulante Pflegedienste. „Das sind ein paar Tausend Leute” schätzt Amtsleiter Ohde. Eine Einverständniserklärung zur Impfung wird jedem Patienten vorgelegt, auch, um die Impfungen zu dokumentieren.
57 Fälle von H1N1-Infektionen seien derzeit gemeldet, weiß Dr. Weber, Amtsarzt für Infektionsschutz und Umweltmedizin: „Es ist in der letzten Woche ziemlich ruhig geblieben”. Von Ausbrüchen in Kitas oder bei Freizeiten ist Mülheim bisher verschont geblieben. „Das kann aber jederzeit noch kommen”, so Weber. Dr. Ohde erinnert daran, dass bei der früher eintreffenden Grippesaison auf der Südhalbkugel „90% der Fälle durch den neuen Erreger ausgelöst” worden seien. Auch hierzulande rechnet er mit einer Steigerung.
„Der Wirkstoff wirkt prinzipiell wie andere Grippe-Wirkstoffe auch”, sagt Dr. Stimpel. Nebenwirkungen, wie sie manche Patienten bei der Impfung gegen die saisonale Grippe entwickelten, (z.B. Reizungen an der Einstichstelle) seien auch bei Impfung gegen H1N1 möglich. Die Diskussion über die Wirkverstärker (Adjuvantien) versteht Ohde als „Luxusdiskussion: „Wenn statt 50 Mio Dosen nur 5 Mio zur Verfügung stünden, hätten wir eine ganz andere Diskussion geführt.” Wirkverstärker hätten die große Menge Impfstoff, für dessen Herstellung Millionen angebrütete Hühnereier nötig seien, erst möglich gemacht.
Nach der Impfung werde die maximale Schutzwirkung in etwa zwei Wochen aufgebaut, sagt Ohde. Bei den Impfstoffen gegen die saisonale Grippe dauere das bis zu vier Wochen.