Mülheim. .
Wer kleine Kinder betreut, kann einiges erleben. Um für den Ernstfall gut gerüstet zu sein, haben gerade 14 Mülheimer Mädchen ihr Babysitter-Zertifikat erworben.
DER Babysitter ist meist nur auf dem Papier männlich. In der Praxis und in den Kursen die die Katholische Familienbildung seit einigen Jahren anbietet, sind junge Frauen weit, weit in der Überzahl. Obwohl es gelegentlich eine Ausnahme gibt, wie Sozialpädagogin Bettina Glowka, die die Fortbildung leitet, hervorhebt.
Dieses Mal nicht. Kurz vor den Herbstferien, an einem Freitagnachmittag, kamen im Katholischen Stadthaus auf dem Kirchenhügel 14 Mädels zusammen. Die meisten, das ergibt eine Kurzumfrage, haben schon einmal privat Kinder betreut. Alle möchten daraus einen bezahlten Job machen und lernen nun zwei halbe Tage lang bei Bettina Glowka und ihrer Kollegin Barbara Högerli, was ein verlässlicher Babysitter wissen muss.
„Entwicklung des Kindes 0-2 Jahre“, steht auf dem Programm, und die Fortsetzung: „2-6 Jahre“. Hierzu werden Filme gezeigt, es geht aber auch um Unfallverhütung und Erste Hilfe. „Ihr dürft keinerlei Medikamente geben“, schärft Glowka den Mädchen ein, „außer, es ist mit den Eltern abgesprochen.“ Bei ernsteren Vorfällen sollten sie umgehend informiert werden.
Eine Teilnehmerin berichtet aus eigener Erfahrung: Eine lebhafte Siebenjährige, die ihr anvertraut war, kletterte auf den Tisch, fiel herunter, „hatte eine dicke Beule, wie ein Horn“. Was neben der medizinischen Erstversorgung und dem Trösten (manchmal noch wichtiger), zu einer zentralen Frage führt: Wie sieht es mit der rechtlichen Verantwortung aus? Die Kursleiterin sagt, genau deshalb würden sie nur Jugendliche ausbilden, die mindestens 14 Jahre alt sind und die Aufsichtspflicht, in Grenzen, schon übernehmen können. „Ihr müsst immer dafür Sorge tragen, dass ihr auf der sicheren Seite seid“, was etwa bei einem Kleinkind bedeuten könne, dass man den Sandkasten auf Scherben überprüft.
Auch Versicherungsfragen treten auf: Zahlt die Haftpflicht, wenn ich im fremden Haushalt versehentlich etwas kaputtmache? Habe ich Unfallschutz? Babysitter müssen an vieles denken, und dabei helfen die Kurse, die zwei Mal jährlich stattfinden, abwechselnd in Mülheim und Oberhausen.
Später spielen die großen Mädchen – die Älteste ist 19 – mit Puppen. Die liegen richtig schwer im Arm, es sind Dummys, die für Säuglingspflegekurse verwendet werden, und genau darum geht es jetzt. Das Baby hat mehr als die Windel voll und soll gebadet werden. Vorsichtig, fast zärtlich ziehen die Kursteilnehmerinnen Bodys und Jäckchen über Plastikglieder, stützen stumme Köpfe, als wären diese aus dünnem Glas. Ein lebendiges, strampelndes Menschenkind könnte in der Handhabung heikler sein, das ist allen klar. „Aber wer stellt schon für so etwas sein Baby zur Verfügung?“, wendet eine Teilnehmerin ein.
Die praktischen Übungen machen den Mädchen sichtlich Spaß. Auch die abschließenden Rollenspiele, bei denen etwa ein Spielplatzbesuch simuliert wird. Am Ende bekommt jede ihr Babysitter-Zertifikat, mit Stempel und Unterschrift. „Das können die Mädchen jetzt vorzeigen“, sagt Bettina Glowka, „auch zur Sicherheit für die Eltern.“
Infos: Eltern und Babysitter finden sich meist über private Kontakte oder auch Abreißzettel, beispielsweise in Kindergärten. Eine zentrale Vermittlung gibt es in Mülheim nicht, wer einen Babysitter sucht, kann sich jedoch an die Katholische Familienbildungsstätte wenden: Sie führt, sortiert nach Postleitzahlen, eine Mappe mit Steckbriefen von Jugendlichen, die am Kurs teilgenommen haben.
Kontakt: Birgit.Kaulhausen@bistum-essen.de oder 85996-76 (Auskunft nach den Herbstferien).