Mülheim. .

Trotz Haushaltssicherungskonzept (HSK) und weiterer Notbremsen von Stadtkämmerer Uwe Bonan zu Beginn dieses Jahres wird die Stadt auch in diesem Jahr ein kräftiges Defizit einfahren, das laut Prognose gar noch um satte 17,5 Mio Euro größer ausfallen dürfte als das schon enorme Haushaltloch von 101 Mio Euro im Vorjahr. Eine gewichtige Ursache dafür liegt bei der weiterhin äußerst dürftig sprudelnden Gewerbesteuer.

Schon im Vorjahr nannte Bonan die Entwicklung der Gewerbesteuererträge „besorgniserregend“: Obwohl er im Etatansatz wegen der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise bereits einen Abstrich bei der Einnahmeerwartung von 29,5 Mio Euro gegenüber dem Jahr 2009 einkalkuliert hatte, war für den Jahresabschluss eine weitere Verschlechterung um 16,3 Mio Euro zu beklagen. Nur noch 111,2 Mio Euro standen zu Buche – und das in einer Stadt, die, nimmt man die Daten am Arbeitsmarkt als Maßstab, sehr gut durch die Krise gekommen ist.

Weniger Einnahmen, obwohl der Hebesatz gestiegen ist

In diesem Jahr, so die aktuelle Prognose, sollen die Einnahmen mit rund 115 Mio Euro auf niedrigem Niveau verharren. Und das, obwohl Mülheim den Gewerbesteuer-Hebesatz von 470 auf 480 angehoben hat und das Statistische Bundesamt erst vergangene Woche Zahlen veröffentlichte, nach denen die Einnahmen der Kommunen aus der Gewerbesteuer im ersten Halbjahr 2011 um rund 20 % höher liegen als im Vorjahreszeitraum.

Warum brechen die Gewerbesteuereinnahmen in Mülheim derart weg? Bonan erklärt sich dies unter anderem damit, dass man die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise später als andere Städte zu spüren bekomme. Er belegte es mit ausdrucksstarken Zahlen: So hätten die zehn größten Gewerbesteuer-Zahler noch im Jahr 2007 eine Vorauszahlung von 72,7 Mio Euro geleistet, aktuell seien nur 14,7 Mio zu verbuchen – ein Minus von rund 80 %. Auch die Nachveranlagung sei in den letzten Jahren „stark zurückgegangen“.

Die Einnahmekrise bei der Gewerbesteuer ist wesentlich dafür verantwortlich, dass die Stadt in diesem Jahr mit einem wuchtigen Fehlbetrag im Etat rechnet. Sie ist aber nicht allein Ursache dafür, dass das Defizit von rund 70 Mio Euro, so der ursprüngliche Ansatz im Haushalt, auf nun 118,5 Mio Euro taxiert ist. Im Vorjahr lag das Defizit, wohlgemerkt ohne Haushaltssicherungskonzept, 17,5 Mio Euro darunter.

Letzte Tarifrunde kommt Stadt teuer zu stehen

Teuer zu stehen kommt die Stadt die letzte Tarifrunde für ihre Beschäftigten; allein dafür seien Pensions- und Versorgungsrückstellungen in Höhe von 13,4 Mio Euro zu bilden. Die Sozialausgaben, etwa für Grundsicherung im Alter oder Hilfen zum Lebensunterhalt (Hartz IV), werden auch als Grund für die weitergehende strukturelle Unterfinanzierung genannt. Für besagte Transferleistung fallen wohl Mehrausgaben von 6,8 Mio Euro an. Wegen falscher Gebührenberechnung bei Straßenreinigung und Abfall fehlen weitere 1,6 Mio Euro.

Auch mit der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zur Haushaltssanierung ist die Stadt nicht überall so weit, wie im Etat veranschlagt. So sind beim Personalabbau 1,25 Mio Euro noch nicht realisiert, die Sparvorgabe der MVG in Höhe einer Viertel Million Euro wird angesichts der stockenden ÖPNV-Debatte gar nicht realisiert. Die Bezirksregierung untersagte der Stadt das Aufstellen einer Radaranlage auf der A 40 – die eingeplante Einnahme von 0,8 Mio Euro kann der Kämmerer auch wieder streichen.

Insgesamt aber, so stellte Bonan am Dienstag fest, sei man bei der Umsetzung der HSK-Maßnahmen „gut in der Spur“. Es wird für ihn trotzdem nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein sein. Am Ende des Jahres, so die Prognose, wird die Stadt einen Bestand an 605 Mio Euro allein an Liquiditätskrediten vor sich herschieben. Tendenz: klar steigend.