Mülheim. .

Seit Wochen wird das 197 Punkte umfassende Sparpaket der Stadt Mülheim zerpflückt, reduziert, ergänzt und so weiter. Der Kämmerer fürchtet mittlerweile, dass man kein genehmigungsfähiges Konzept zur Haushaltssicherung mehr hinbekommt.

Der Kämmerer ist besorgt. „Wenn ich die derzeitigen Signale richtig deute, fürchte ich, dass wir kein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept bekommen werden.“ Dann kommt der Nothaushalt, dann wird die Bezirksregierung sagen, wo es in Mülheim lang geht. Ein Horror für die Stadtspitze, die eben dies verhindern will mit ihrem 197 Punkte-Sparpaket.

Doch das wird seit Wochen zerpflückt, ergänzt, reduziert oder schlicht für nicht akzeptabel erklärt. Ein roter Faden ist in der Politik derzeit nicht zu erkennen, man bewegt sich im Kreis oder gar nicht, und es ist völlig unklar, wie man denn im Juli oder Oktober ein mehrheitsfähiges Paket im Rat verabschieden will. Bereits jenes Szenario macht die Runde: Über jeden Sparvorschlag wird einzeln abgestimmt. Ein Graus und kein Zeichen für eine starke Stadtpolitik.

Zeit gewinnen

Weil das so ist, versuchen SPD und Grüne in der Ratssitzung am Donnerstag, Zeit zu gewinnen, bis zur Ratssitzung im Oktober, um mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Fraktionen zu erarbeiten. Also Verschiebung des Etats und Sparpakets. Doch danach sieht es nicht aus. Wie die CDU gestern erklärte, werde man diesem Plan nicht zustimmen. „Wir schieben seit Dezember.“ Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer stellt die Frage: „Warum haben weder SPD noch Grüne die bisherigen Ausschüsse genutzt, um ihre Vorstellungen darzulegen und zu diskutieren – wie die CDU?“ Und auch das machte gestern in Mülheim die Runde: SPD und Grüne wollen für Bürger unangenehme Sparmaßnahmen erneut verschieben, falls es doch zu Neuwahlen im Land kommen sollte.

Die FDP wird sich ebenfalls nicht auf den Plan des Verschiebens einlassen. „Der Etat hätte schon im letzten Jahr verabschiedet werden müssen“, regt sich Fraktionschef Peter Beitz auf. „Wie lange soll das denn noch dauern?“ Die FDP wird in der nächsten Woche ihren Masterplan für Mülheim vorlegen. Junge Familien, Bildung, Arbeitsplätze – das habe Vorrang. Die Neuansiedlung von Gewerbe müsse dringend forciert werden. Danach richte sich, so Beitz, das Sparpaket der Liberalen. Was nicht auf der Vorrangliste stehe, könne aus ihrer Sicht gekürzt werden. Doch ob das mehrheitsfähig ist? Beitz macht keinen Hehl daraus, dass nach dem aktuellen Stand die Liberalen den Haushalt ablehnen.

Die MBI schimpfen ebenfalls über das „Verdrängen der Probleme“. „Was soll denn im Oktober anders sein als im Juli?“

Deutliche Vorteile

Im überlegten und breit getragenen Doppelhaushalt für zwei Jahre sehen SPD und Grüne deutliche Vorteile für die Stadt. Das blitzschnelle Nein des MBI-Fraktionschefs Lothar Reinhard zu einer erneuten Verschiebung, erntet böse Kritik. In der MBI sehen viele die Quertreiber: „Lothar Reinhard“, so Grünen-Fraktionssprecher Thomas Behrendt, „ist die personifizierte Verantwortungslosigkeit. Er bringt es fertig, sich allen Abstimmungsbemühungen zwischen den Fraktionen zu verweigern, gleichzeitig aber über fehlende Fortschritte zu lamentieren. Dabei ist doch heute schon klar, dass die MBI jedweden Etatentwurf ablehnen wird.“ Die Stimmung ist nicht die beste.

In den internen Runden wollen die Grünen ihr Sparpaket mit den anderen Fraktionen diskutieren: Jugend, Soziales, Bildung, da setzen sie ihre Schwerpunkte. Von der SPD fehlt bislang noch jedes öffentliche Papier zum Haushalt. Böse Zungen sagen, dass SPD und Verwaltung ohnehin eng beieinander liegen, wohl auch beim Sparpaket. Einen größeren Stellenabbau wird die SPD in jedem Fall nicht mitmachen, Einschnitte in Bildung und Soziales wohl auch nicht. Steuererhöhungen werden CDU und FDP nicht mittragen.

Sollte der Kämmerer Recht behalten? Behrendt warnt vor einem Sparkommissar: Es wäre naiv von der Bezirksregierung den Stein der Weisen zu erwarten, sagt er. „Alle Signale aus Düsseldorf lassen für diesen Fall im Sozial-, Bildungs-, Kultur- und Sportbereich einen Kahlschlag sondergleichen befürchten.“