Mülheim. . Die Stadt Mülheim will, dass die Außenlautsprecher des Café Solo in der Innenstadt stumm bleiben. Mit dem Betrieb verstoße er gegen das Landes-Immissionsschutzgesetz, sagt die Stadt. Der Wirt wehrt sich. Ein Gericht wird darüber entscheiden müssen.
Rajesh Luthra ist sauer: „Warum ist in Mülheim nicht erlaubt, was in allen anderen Städten des Landes möglich ist?“, fragt sich der erboste Geschäftsführer des Café Solo.
Der Grund seiner Verärgerung: Die Stadt hat gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 150 Euro verhängt. Ihr Vorwurf: Mit dem Betrieb der Außenlautsprecher verstoße er gegen das Landes-Immissionsschutzgesetz. Der Fall beschäftigt mittlerweile die Justiz: Luthra hat nicht gezahlt.
„Kein Gesetzesverstoß“
„Aus gutem Grund. Die Sachbearbeiterin hat den Bußgeldbescheid veranlasst, obwohl klar ist, dass mein Mandant überhaupt nicht gegen das Gesetz verstoßen hat“, sagt Rechtsanwalt Jörg Hufer. Da schwingt der Vorwurf der Rechtsbeugung mit. Seine Kanzlei liegt gleich gegenüber dem Ort des Streits, er arbeitet quasi in Hörweite des Cafés. Der Anwalt fühlte sich noch nie belästigt.
Doch wie das so ist mit Gefühlen, ein Bürger kontaktierte gleich mehrfach die Stadt, verlangte das Abstellen „des Gedudels“. Bemerkung am Rande: Der Mann wohnt deutlich weiter weg als in Hörweite. Das Ordnungsamt reagierte, schickte drei Wochen lang Außendienstmitarbeiter zur Schloßstraße, um zu lauschen, bisweilen auch zwei Mal am Tag. In der Anweisung heißt es: Sollte „die Außengastro beschallt“ sein, habe das Lokal „die Musik sofort abzustellen, egal, wie laut oder leise diese abgespielt wird.“ Das Ergebnis des Lauschangriffs: „Keine Musik“ , „leise Musik“, „nicht störende Musik“.
Behörde setzte ein 150 Euro Bußgeld fest
Fall erledigt, sollte man meinen. Doch eine weitere Beschwerde sorgte schließlich dafür, dass die Behörde ein Bußgeld in Höhe von 150 Euro festsetzte. Für Anwalt Hufer ein völlig unverständliches Vorgehen.
Zwar ist laut Landes-Immissionsschutzgesetz ist „die Benutzung von Tongeräten auf öffentlichen Verkehrsflächen“ verboten, „aber nur, wenn andere hierdurch belästigt werden können“, erklärt der Jurist. Und weiter: „In der entsprechenden Verwaltungsvorschrift heißt es dann, dass bei der Beurteilung, ob jemand überhaupt belästigt werden kann oder nicht, auf die Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürger abzustellen ist.“ Mit anderen Worten: ,Leise Musik ist erlaubt, Überempfindlichkeiten gelten nicht.
In Essen ist Musik bis 22 Uhr kein Problem
So handhabt es übrigens auch die Nachbarstadt Essen. „Bis 22 Uhr darf Musik draußen laufen, solange sie nicht erheblich stört“, erklärt Pressesprecherin Michaela Lippek. Ein generelles Verbot gilt erst ab 22 Uhr. „Für Mülheim anscheinend nicht“, schließt Luthra. „Für Mülheim auch“, betont Alexandra Mackels vom hiesigen Rechtsamt. „Ich unterstelle, dass der Tatbestand vom Ordnungsamt korrekt geprüft wurde.“
Die Amtsrichterin wollte am Montag das Verfahren einstellen. Luthra lehnte ab: Er möchte eine Klärung des Sachverhalts und nicht, dass ihm irgendwann die nächste Geldbuße in Höhe von 150 Euro ins Haus flattert. Der Prozess geht also weiter. Am 30. November sollen auch Zeugen gehört werden. Wird Luthra frei gesprochen, trägt die Staatskasse die Kosten. Geschätzte Höhe: 700 Euro.