Mülheim..
Das Kunstmuseum geht verstärkt raus, um den Synagogenplatz zu beleben. Doch die massive Kritik an der Innenstadt hält Museumsleiterin Dr. Beate Reese für künstlich überspitzt.
Was würden Sie sich für die Innenstadt wünschen?
Dr. Beate Reese: Ich finde, dass die Innenstadt schon Charme hat. Und ich meine, man müsste sich mehr auf die positiven Seiten der Stadt konzentrieren. Mülheim hat durchaus dörfliche Atmosphäre, weil sich viele Menschen untereinander kennen. Das ist sehr persönlich. Auch sehr eigen. Und es ist eine Stadt der kurzen Wege. Es gibt hier Leute mit viel Engagement und Initiative. Händler, die sich um ein hohes Niveau bemühen. Das muss man erstmal wertschätzen, bevor man mit harscher Kritik kommt. Man sollte sich mehr Zeit lassen, die Situation zu analysieren.
Was möchten Sie für die Stadt bewegen?
Reese: Mehrerlei. Wir werden uns mit dem Thema Stadt insgesamt, mit Urbanität in der Kunst in einer großen Ausstellung 2013 auseinander setzen. Das Thema Urbanität ist ein großes in der Zeitgenössischen Kunst. Denn was die Innenstadt betrifft, gibt es viele andere Städte, die ähnliche Probleme haben. Wir als Museum möchten uns stärker vernetzen – auch mit der Innenstadt. Und mit Ausstellungen wie die über Werner Graeff und Werner Gilles erinnern wir immer wieder daran, welches künstlerisches Potenzial diese Stadt hat. Mülheim hat eine sehr berühmte Künstlerschaft. Davon ist allerdings im öffentlichen Raum nur noch wenig zu sehen.
Wie finden Sie den Synagogenplatz?
Reese: Der Synagogenplatz ist gleichzeitig auch ein Stück Hajek-Platz mit dem Kunstwerk, das den Platz einnimmt. Aber wir merken natürlich, dass wir nicht mehr Schloßstraße sind. Man muss die Leute immer auch ein Stückchen hier hoch ziehen, damit sie ins Museum kommen. Wir hatten die Idee, dass wir die Palette nebenan mit Stühlen und Tischen bis vor das Museum holen, alles ein bisschen zu bepflanzen, damit man zieht: Der Platz ist auch oben aktiv.
Mit Rick’s Café gibt es schon eine gute Zusammenarbeit. Was wird aus der Palette? Ein Museumscafé?
Reese: Da sammeln wir jetzt erstmal Ideen. Man muss sich gut überlegen, was man dort haben möchte. Denn es hilft keinem, wenn man die Palette auf- und wieder zumacht. Es ist ja auch die Frage, was die Stadt will, denn es geht um Einnahmen und die Pacht. Ist man bereit, darauf zu verzichten unter den Bedingungen der Finanzkrise? Alles Punkte und Entscheidungen, die nicht in meinem Ermessen liegen.
Geliebt oder gehasst: Der Hajek-Brunnen. Was halten Sie von Ideen, ihn abzureißen und dort Parkplätze zu machen?
Reese: Mich erschüttert, welch geringer Stellenwert Kunst und Kultur beigemessen wird. Man möchte in Mülheim ja immer so attraktiv wie Düsseldorf oder Frankfurt sein. Aber was an Ideen kommt, bezieht sich mehr auf Verkehr und Parkplätze. Kaum einer setzt sich wirklich mit der Stadtstruktur auseinander. Alle attraktiven Städte haben ein unglaublich gutes Gemisch an Kultur, an Gastronomie und Geschäften. Attraktive Städte – das sind keine Monokulturen. Man muss nur mal schauen, wie viele Kulturinstitute Düsseldorf in der Innen- und Altstadt hat.
Damit meinen Sie die Aufenthaltsqualität?
Reese: Ja, man sollte mal über die Verweildauer nachdenken. Eine Stadt lebt auch von der Aufenthaltsqualität, dass die Menschen gerne verweilen und nicht nur etwas erledigen und dann wieder raus fahren.
Kann man mit Kunst eine Verknüpfung erreichen?
Reese: Ja. Aber auch wir müssen unser stärker mit der Werbegemeinschaft Innenstadt zusammentun. Denn die Kunden des Handels sind auch unsere Kunden und umgekehrt.
Über 2010 geht die Vernetzung der Ruhrkunstmuseen weiter?
Reese: Ja, dazu gehört auch, dass die Ruhrkunstmuseen Tourenvorschläge erarbeitet haben, um die Museen der Städte des Ruhrgebiets zusammenzubringen. Als Austausch untereinander und natürlich auch, um den neuen Bereich des Kultur-Tourismus stärker anzusprechen. Es gibt einen kleinen Führer, wo Touren vorgeschlagen werden. Das ist im Grunde die Vernetzung ruhrgebietsweit. So etwas müssen wir auch in Mülheim schaffen.