Mülheim. .
Zwei Euro fünfzig kostet es in der Regel, wenn man als Schoko-Ticket-Fahrer mal seinen Perso auf dem Tisch liegen lässt. Dumm gelaufen nur für den 13-jährigen Jannik K.: Er hatte bei einer Fahrkartenkontrolle zwar das Ticket dabei, dafür aber auf seinem Weg zur Schule seinen Ausweis vergessen. Die Mülheimer Verkehrsgesellschaft beauftragte ein Inkasso-Unternehmen.
Aus „Zweifuffzig“ wurden 79,20 Euro. Natürlich nicht sofort, denn zunächst hatte der 13-Jährige die vom Kontrolleur ausgestellte Mängelkarte über 2,50 € wohl in der Schultonne vergessen oder vor den Eltern verborgen, genau kann es seine Mutter Susanne K. nicht erklären: „Wie Jugendliche manchmal sind“, sagt sie. Zwei Monate später flatterte allerdings das Schreiben des Inkasso-Unternehmens, adressiert an den Sohnemann ins Haus: 79,20 €. Allein 36 Euro wollte das Unternehmen als Bearbeitungsgebühr einstreichen.
Verkehrsbetrieb beharrte auf Zahlung
Die völlig überraschte Mutter wollte daraufhin verhandeln, denn ein Mahnschreiben, wie es in der Regel üblich ist, hatte sie nach ihren Angaben nie erhalten. Doch der Verkehrsbetrieb beharrte auf Zahlung: Die Mutter müsse ihren Sohn eben zur Sorgfalt erziehen, klärte sie eine Kundenbetreuerin auf. Frau K. könne das Geld ja in Raten zahlen, schlug das Inkasso-Unternehmen als Entgegenkommen vor. K. überwies und ärgerte sich: „Ein Wucher – bei solchen Mahnverfahren müsste die MVG doch schwarze Zahlen schreiben.“
Über 40 Euro zahlte Familie K. an die MVG, weil der Sohn ohne Nachweis seiner Identität als „Schwarzfahrer“ eingestuft wird – trotz Ticket, erläutert MVG-Sprecher Olaf Frei, wie aus einem kleinen Betrag ein dicker Batzen wird. Bis zu 14 Tage nach der Kontrolle hat man Zeit, den Ausweis bei einem Kundencenter vorzuzeigen. 2,50 € kostet dies zwar dann immer noch, das Vergessen ist jedoch teurer.
Zwei freie Monatstickets
Die MVG beruft sich auf die Rechtslage und ist davon überzeugt, genügend „Fingerspitzengefühl“ beim Umgang mit dem 13-Jährigen gezeigt zu haben. „In der Regel akzeptieren die Kontrolleure auch andere Nachweise als den Personalausweis“, sagt Sprecher Olaf Frei, obwohl die Geschäftsbedingungen einen „Lichtbildausweis“ verlangen. Ob dies auch hier versucht worden ist, kann er nicht sagen. Zudem habe man zunächst eine Mahnung geschickt, erst danach habe man den Auftrag an ein Inkasso-Unternehmen erteilt. Auf dessen Gebühren, so Frei, habe man keinen Einfluss.
Und doch geriet Bewegung in den Fall, als Susanne K. sich an einen Privatsender wandte. Frei räumt nun „Fehler“ ein, das Inkasso-Unternehmen habe die Rechnung fälschlicherweise an den noch nicht strafmündigen Jungen gerichtet, statt sie an die Eltern zu richten. Nun gibt die MVG den Eltern einen Teil des bezahlten Geldes in Form von zwei freien Monatstickets zurück. „Eine einmalige Kulanzlösung“, betont die MVG.