Mülheim. .

Der Streit um die Obstwiese am Ortseingang Menden, wo mehrere Einfamilienhäuser der Spitzenklasse entstehen sollen, könnte nun auch zu einer politischen Schlammschlacht ausarten. Die CDU attackiert massiv die Bau- und Planungsdezernentin Helga Sander und wirft ihr gar vor, „Gefälligkeitsgutachten“ bei dem Essener Büro Glacer bestellt zu haben.

Glacer kam zu dem Ergebnis, dass wegen großer ökologischer Risiken in Menden nicht gebaut werden sollte. Das Baudezernat ließ sich von den Argumenten überzeugen und empfahl der Politik, die Planungen auf jener Wiese nicht weiter zu verfolgen. Die CDU will so nicht mitspielen.

Seit 2009 habe es allein fünf Aufträge des Planungs- und Umweltdezernats für Umweltschutz-Gutachten an denselben Essener Gutachter Glacer gegeben, stellt die CDU fest. Warum immer dahin? Auch wenn die Dezernentin in einer Stellungnahme darlegte, dass alle Aufträge gemäß der Vergabeverordnung erfolgten, dass Vergleichsangebote natürlich eingeholt wurden und alles vom Rechnungsprüfungsamt kontrolliert worden sei, gibt sich die CDU nicht zufrieden. „Schmallippig“, nennt sie die Antworten der Dezernentin, nicht transparent, ihr Verhalten sei nicht kooperativ. Mit dem „bestellten Gutachten“ versuche die Dezernentin „krampfhaft“ sich eine Begründung für die vorzeitige Einstellung dieses Bebauungsplanes zurechtzubiegen, sagen die CDU-Ratsherren Bernd Dickmann und Dr. Henner Tilgner.

Form der Auseinandersetzung geht manchen zu weit

Die Angriffe auf die Dezernentin in dieser Form stoßen vielen Ratsmitgliedern übel auf, sogar manchem in der CDU-Fraktion soll diese Form der Auseinandersetzung zu weit gehen. „Es ist eine Unverfrorenheit, hier von Gefälligkeitsgutachten zu reden, billig und gewagt“, so urteilen die Grünen, die sich klar vor die Dezernentin stellen, die zwar ihrer Partei angehört, aber mit der sie auch nicht immer grün sind. In der Angelegenheit Menden empören sich die Grünen über die CDU: „Hier will eine Partei ihre Bauabsichten in einem ökologisch wertvollen Gebiet durchsetzen und dazu ist ihr jedes Mittel recht“, so der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Jürgen Pastowski. Und in der Stadtverwaltung fällt gar das Wort von „Mobbing“ gegen die Dezernentin, der ohne jeden Beweis Rechtsbruch vorgeworfen werde.

Mit dem Vorwurf ,Gefälligkeitsgutachten’ könnte die CDU sich jedoch ein Eigentor geschossen haben: Die Fachkompetenz des Büros ist weit über Mülheim anerkannt, so dass unter anderem auch die frühere CDU/FDP-Landesregierung auf das Büro zurückgegriffen haben soll.

Eine Dezernentenstelle steht demnächst auf der Streichliste

Die Angriffe auf die Dezernentin haben jedoch nur bedingt etwas mit dem Bauvorhaben in Menden zu tun. Im Herbst muss die Politik sich entscheiden, ob sie Helga Sander wiederwählen möchte. Ihre achtjährige Amtszeit läuft aus. 16 Jahre hat sie dann in Mülheim die Bau- und Planungsverwaltung geleitet. Eine Dezernentenstelle muss die Politik demnächst streichen, so hat sie es im Rahmen der Haushaltssanierung beschlossen.

Helga Sander wäre die erste aus der Dezernenten-Riege, die zur Wiederwahl steht. Danach läuft die Amtszeit von Peter Vermeulen aus, der das Schul- und Kulturdezernat leitet; er gehört der CDU an. „Natürlich geht die CDU da taktisch vor“, sagt der Vorsitzende des Planungsausschusses, Dieter Wiechering (SPD). „Die CDU sammelt egal wie Argumente, um die Dezernentin nicht wiederzuwählen.“

Drei verschiedenen Gutachten

Die Bürgerinitiative Menden wird noch deutlicher: Die CDU stellt „rufschädigende Behauptungen auf, die Ihre neutrale Gutachtertätigkeit in Frage stellen“, schreibt ihr Sprecher Achim Büge an den Gutachter Glacer und rät ihm zu rechtlichen Schritten.

Der eigentlichen Sache diene das alles keinesfalls, so Wiechering. Die Politik sieht sich inzwischen drei verschiedenen gutachterlichen Stellungsnahmen zu Menden gegenüber, alle aus einer anderen Feder. Bauen oder nicht? Die SPD ließ gestern durchblicken, dass sie sich mit einer kleinen Version in Menden anfreunden könnte. Die FDP denkt in die gleiche Richtung. Also nicht 20, sondern nur zehn Häuser „bei Beachtung aller ökologischen Belange“, sagt Wiechering. Nach seinen Erfahrungen sieht er auch dieses Projekt bei der Dezernentin in seriösen Händen.