Mülheim. . Die Stadt Mülheim will die Innenstadt weiterentwickeln, anstatt in den Außenbereichen Bauland zu schaffen. Dabei sollen Lücken in der bestehenden Bebauung geschlossen werden - allerdings sollen Grünflächen erhalten bleiben.

Da die Stadt nur noch drei Möglichkeiten vorhält, in Außenbereichen Bauland zu schaffen, und weil es bei derartigen Vorhaben wie an der Mendener und Tilsiter Straße große Bedenken hinsichtlich der Naturschutzaspekte beziehungsweise des Klimaschutzes gibt, konzentriert sich Mülheim nun auf die Entwicklung in Innenbereichen.

Der Regionale Flächennutzungsplan (RFNP), der mit anderen Städten im Ruhrgebiet abgestimmt ist, sieht tatsächlich nur mehr drei Flächen vor, wo angrenzend an eine bestehende Siedlungsstruktur ins Grüne hineingebaut werden könnte.

Da ist der umstrittene Bebauungsplan Mendener/Bergerstraße, den nach einem aktuellen Gutachten zum Artenschutz gar die Verwaltung selbst gerne wieder einkassieren würde, dafür aber (noch) nicht die politische Mehrheit hinter sich hat. Da ist die Tilsiter Straße, wo sich eine Initiative gar per Petition an die EU gewandt hat, um sich Rückhalt für ihren Kampf fürs Stadtklima und gegen die Bebauung zu holen.

Naherholungsbereich im Blick der Planer

Die dritte Potenzialfläche, die im RNFP fixiert ist, das weiß auch Planungsamtschef Martin Harter, dürfte nicht weniger Widerstände produzieren, würde die Stadt in Planungen einsteigen: Es handelt sich um ein riesiges Areal rund um den Schlippenweg, hinter der Rembergschule in Holthausen gelegen.

„Problematisch“, sagt Harter. „Weil es ein wichtiger und attraktiver Naherholungsbereich für Anwohner ist und dort auch andere Bürger hinkommen, die Naherholung suchen.“ So lassen die Stadtplaner den Schlippenweg erst mal links liegen, auch wenn sie wissen, dass Wohnen im Grünen nachgefragt ist und dem alternden und schrumpfenden Mülheim steuerkräftige Neubürger bescheren könnte.

Mit dem RFNP habe sich die Stadt aber ohnehin festgelegt, so Harter: „Die vielen Freiflächen sind ein Pfund für Mülheim, sie zeichnen Mülheim als attraktiven Wohnstandort aus. Deshalb wollen wir uns stark auf die Innenentwicklung konzentrieren.“ Heißt: Lücken in der bestehenden Bebauung sollen geschlossen werden. Dabei solle nicht die letzte kleine Grünoase zubetoniert werden, sagt der Chefplaner der Stadt, auch hier gelte es, kleinklimatische Aspekte im Blick zu haben. So gilt als Richtschnur, statt der erlaubten 40 % möglichst nur 30 % der bebaubaren Grundstücksfläche für eine Versiegelung freizugeben.

Abriss-Möglichkeiten werden geprüft

Derzeit geht die Stadt nur mit kleineren Flächen an den Markt. Bevor sie größere Projekte anfasst, will sie das im Schulterschluss mit größeren Wohnungsunternehmen (MWB, SWB, Immeo) und etwa Haus & Grund in Auftrag gegebene „Handlungskonzept Wohnen“ auf dem Tisch haben. Von der Wohnraumanalyse verspricht sich das Planungsamt Aufschlüsse darüber, an welchen Stellen der Stadt Bedarf für neue Wohnbebauung besteht.

Auch die Frage soll beantwortet werden, an welchen Standorten Altbestand der Wohnungsunternehmen in Teilen möglicherweise besser abgerissen wird, um den Markt gesund und das Angebot attraktiv zu halten. Auch private Hauseigentümer seien mehr denn je mit der Frage konfrontiert, ob ihre Häuser aus den 50er und 60er Jahren ihnen noch die sichere Altersvorsorge garantierten, die sie sich erhofften.

Stadtplanung soll laut Harter künftig mehr denn je „gelebter Stadtumbau“ sein. Gleichwohl, sagt er, könnten die Gutachter wohl auch zum Ergebnis kommen, dass Bauland im Grünen zu schaffen sei.

Innerstädtisches Wohnen wird vorangetrieben

Auf jeden Fall will die Stadt das Thema „Stadthaus“, innerstädtisches Wohnen auf kleiner Parzelle, vorantreiben. Thorsten Kamp, Abteilungsleiter Städtebau und Stadtgestaltung, sieht Bedarf und Chancen auch für Mehrgenerationen-Bauprojekte. Sie könnten, ähnlich wie bei herausragenden Projekten etwa in Dortmund, durch Baugemeinschaften realisiert werden.

Ähnliches geht, wie berichtet, die MWB auf zwei Baufeldern an der Brüsseler Allee in Saarn an. Die Strategie, wie man das Thema in die Bürgerschaft trage, sei noch zu definieren, so Harter. Vielleicht mache man den Auftakt mit einer Informationsveranstaltung für interessierte Bürger und nehme in der zweiten Runde gleich konkrete Planungsgebiete ins Visier.

Ziel sei, solche Bauprojekte nicht von vornherein an Entwickler und Investoren zu übertragen. Die an einem solchen Wohnprojekt Interessierten sollten selbst federführend bei der Entwicklung sein. Harter: „Viele würden dann natürlich erstmals als Bauherr aktiv. Sie sind dann erst mit Geduld und Spucke an das Thema ranzuführen.“

Übersicht über rechtskräftige Bebauungspläne

Nachfolgend eine Übersicht über rechtskräftige Bebauungspläne und solche Planverfahren, die schon sehr konkret sind:

Honigsberger Straße/Fünter Weg. In diesem Jahr noch will die MWB in Heißen 16 Doppelhaushälften mit Wohnfläche von 142 m2 hochziehen.

Max-Halbach-/Schwarzenbergstraße. Auf der Heimaterde will Immeo innerhalb der Kruppschen Arbeitersiedlung 56 barrierefreie Wohnungen à 60 m2 schaffen.

Wohnpark Witthausbusch. Auf dem alten Kasernengelände in Holthausen entsteht das neue Wohncarree Witthausbusch. Auf dem letzten noch freien Baugrundstück baut Hochtief zurzeit einen Wohnkomplex mit exklusiven Eigentumswohnungen.

Tilsiter Straße/Haustadtsfeld. Stark bekämpft von einer Bürgerinitiative ist das Vorhaben, auf heutigem Ackerland in Holthausen circa 20 bis 25 Wohneinheiten in Form von Einzel- und Doppelhäusern möglich zu machen.

Gracht. Auf altem Gärtnerei-Grund plant „Markus-Bau“ sieben Doppelhäuser mit zwei Voll- und einem Staffelgeschoss.

Saarner Kuppe II/Luxemburger Allee. 1000 Wohneinheiten umfasst das Großprojekt auf der Kuppe, 90 % sind umgesetzt. Einzel-, Doppel- und Reihenhäuser stehen oder entstehen dort.

August-Thyssen-Straße/Alpenbach. Der Grund schräg gegenüber der Kirche St. Laurentius in Mintard bietet Platz für bis zu 16 Wohneinheiten. Das Konzept sucht einen Investor.

Fängerweg. Hier sollen an einer Stichstraße ein Doppelhaus und eine Hausgruppe entstehen. Das Vorhaben ist umstritten.

Blötter Weg/Hundsbuschstraße. Auf dem alten VfB-Vereinsgelände in Speldorf werden Grundstücke für zweigeschossige Doppelhäuser und Hausgruppen vorgehalten, im übrigen Plangebiet sind Einzel- und Doppelhäuser möglich. Insgesamt sollen bis zu 56 Wohneinheiten entstehen.

Hochfelder Straße. Bis zu 14 Wohneinheiten (Einzel- und Doppelhäuser) sind in Speldorf vorgesehen; die Vermarktung läuft bereits.

Marienhof. Zwischen Karlsruher und Saarner Straße (Speldorf) baut die Firma Hitzbleck neben der Seniorenanlage Marienhof zwei Mehrfamilienhäuser mit barrierefreien Eigentumswohnungen. Entlang des Halbachs entstehen Reihen- und Doppelhäuser.

Mergelstraße/Neptunweg. Ein Großteil der 50 Wohneinheiten in Nähe des Broich-Speldorfer Waldes sind bereits bezogen.

Nelken-/Veilchenweg. Die MWB will hier in Speldorf acht Eigenheime mit 142 m2 schaffen.

Kuhlendahl. Am Kuhlendahl will Ten Brinke im Innenbereich der vorhandenen Bebauung fünf Einfamilienhäuser realisieren.

100 Häuser für Familien. Die MWB errichtet 26 Einfamilien- und Doppelhäuser auf dem ehemaligen Areal der Grundschule „Auf dem Bruch“. Am Von-Carnell-Weg in Dümpten sollen in diesem Jahr 40 Einfamilienhäuser in die Vermarktung kommen.