Mülheim. . Mit bitterem Beigeschmack betrachten Gastronomen wie auch Lebensmittelkontrolleure die Einführung der Gastro-Ampel. Diese soll in NRW ab kommenden Jahr an jedem Restaurant, an jeder Kneipe, Bäcker- und Metzgerei kleben.
Mit bitterem Beigeschmack betrachten Gastronomen wie auch Lebensmittelkontrolleure die Einführung der Gastro-Ampel. Diese soll laut NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) ab kommenden Jahr an jedem Restaurant, an jeder Kneipe, Bäcker- und Metzgerei kleben. Während Kontrolleure mit erheblichem Mehraufwand rechnen, fürchten Wirte die Reaktionen ihrer Kunden.
Schon bald wird der Gang ins Restaurant nicht mehr eine Frage des Geschmacks sein. Sondern abhängig werden von einer Hygiene-Ampel, die bald an jedem der 1103 Mülheimer Betriebe, die Lebensmittel verarbeiten, pappen wird. Grün steht für Genuss, Gelb für Putzbedarf, Rot für Ekel-Risiko. Getestet und angezeigt werden vor allem die hygienischen Zustände des Lokals. In drei Stufen sollen die Betriebe geprüft werden – zunächst ist die Gastronomie an der Reihe, in Halbjahresschritten gefolgt von Bäckereien, Fleischereien Wochenmärkten und dem Einzelhandel.
Erheblicher Mehraufwand
„Die Einführung dieses Barometers wird mit erheblichem administrativen Mehraufwand verbunden sein“, prognostiziert Heike Schwalenstöcker-Waldner, Leiterin des Veterinäramtes, das die Lebensmittelkontrollen in der Stadt durchführt. Nun muss die zusätzliche Arbeit auf 3,5 Kontrolleur-Stellen verteilt werden. „Die Kontrollen bleiben zwar dieselben, doch der bürokratische Aufwand steigt.“ So müssen die Mitarbeiter einzelne Kriterien aus den letzten drei Bewertungen herausarbeiten und in die neue Ampel-Beurteilung einarbeiten. „Das muss alles aufgedröselt werden – vier Berechnungen pro Betrieb“, vermutet die Amtsleiterin.
Denn auf der Plakette werden die Ergebnisse der letzten drei Kontrollen vermerkt. Bedeutet: Hat ein Restaurant wegen hygienischer Mängel einen gelben Punkt bekommen, wird dies auf der Ampel vermerkt – auch wenn er bei der Nachkontrolle wieder den grünen Punkt erlangt. „So können Verbraucher den gesamten Kontrollverlauf nachvollziehen.“ Zudem kommt auf die kommunalen Kontrolleure die Aufgabe zu, alle Inhaber zu informieren und anzuhören. Und das so schnell wie möglich. „Die Betriebe sollen alle innerhalb einer kurzen Frist die Ampel bekommen.“
Widerstand der Wirte
Dabei rechnet Heike Schwalenstöcker-Waldner mit Widerstand der Wirte. „Vielleicht kommt es sogar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.“ Schließlich haben Restaurants ihren Ruf zu verlieren. „Die Unsicherheit ist groß.“ Denn: „Man weiß nicht, wie der Verbraucher letztlich reagieren wird.“ Über die genaue Umsetzung herrscht an der Basis also noch Unklarheit. Wird Personal aufgestockt? Wie lange bleibt eine gelbe Einstufung kleben? Bringt die Ampel Betriebe womöglich in wirtschaftliche Notlagen?
Offene Fragen hat auch Jörg Thon, Kreisgruppen-Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). „Warum muss man eine solche Ampel einführen?“ fragt der Gastronom. „Die Zusammenarbeit mit der Lebensmittelkontrolle läuft in Mülheim bereits hervorragend.“ Ein- bis zweimal im Jahr wird jeder Betrieb geprüft.
Vier-Augen-Prinzip
Die Gastronomen fühlen sich an den Pranger gestellt. An sich sei Transparenz für den Verbraucher eine gute Sache – die Ampel-Lösung jedoch schwierig umzusetzen. „An der Gerechtigkeit muss noch gefeilt werden“, meint Jörg Thon. Und plädiert für das Vier-Augen-Prinzip: „Kontrollen sollten zu zweit durchgeführt werden. Nur so kommt eine objektive Meinung zustande.“