Verbraucherschutzminister wollen „Hygiene-Ampel“ für Gaststätten – In der Europastadt wären 249 Lokale davon betroffen
Hauptsache, es schmeckt? Guter Geschmack ist beim Restaurant-Besuch ein wichtiges Kriterium, aber wie sieht es hinter der – zumeist verschlossenen – Küchentür aus? Um dem Kunden zu signalisieren, in welchem hygienischen Zustand die Küche der jeweiligen Gaststätte ist, wollen die Verbraucherschutzminister ab dem kommenden Jahr eine „Hygiene-Ampel“ einführen, bei der Grün für einen sauberen Betrieb, Gelb für steigerungsfähige Leistungen und Rot für Schmuddel steht.
Jürgen Löring vom Restaurant Olivo an der Bahnhofstraße kann sich darüber nur wundern. „Es gibt doch die turnusmäßigen Kontrollen durch die Ordnungsämter“, sagt der Gastronom und fügt hinzu: „Wenn dabei gravierende Mängel gefunden werden, wird die Bude eh’ dicht gemacht.“ Er habe im Olivo nichts zu verbergen und sagt: „Wir nehmen die Gäste auch mal spontan mit in die Küche, da müssen wir uns gar nicht schämen.“ Trotzdem hält Löring von der Gastro-Ampel nichts: „Das kann für manche existenzgefährdend werden.“
Für sehr bedenklich hält auch Adrian Gülden, Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbandes e.V. (Dehoga) Westfalen das bunte Barometer für Restaurants. „Es ist keine Art, einzelne Gastwirte anzuprangern“, sagt der Hertener. „Jeder Gastwirt hat für Hygiene und Sauberkeit Sorge zu tragen, und das vorbildlich“, ist Gülden überzeugt und fügt hinzu: „In meinen Augen ist das System nicht durchführbar.“ Der Vizepräsident des Dehoga Westfalen verweist auf die erforderliche Anzahl an Kontrolleuren, die die derzeit 249 Gaststätten in Castrop-Rauxel nach den Kriterien der Hygiene-Ampel zu bewerten hätten.
Tatsächlich schickt der Fachdienst für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung des Kreises Recklinghausen, der für Castrop-Rauxel zuständig ist, turnusmäßig zwei Kontrolleure in die Gaststätten der Europastadt. „Die Einführung der Hygiene-Ampel bedeutet ganz klar Mehrarbeit“, sagt auch Jochem Manz, Pressesprecher des Kreises. Nicht nur die Besuche in den Betrieben müssten für die Erstellung des Restaurant-Barometers anders organisiert werden, auch die Verwaltungsarbeit werde dadurch wohl zunehmen, vermutet der Kreis-Sprecher, denn: „Da wird es sicher immer wieder zu Anhörungen kommen, wenn ein Wirt eine Beurteilung nicht akzeptiert.“ Noch aber stehe die konkrete Ausgestaltung der Gastro-Ampel in den Sternen, sagt Jochem Manz, dem Kreis liege bislang nur ein Entwurf vor.
Als „Momentaufnahme“ bezeichnet Manfred Sträter, Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Dortmund die Überprüfung im Rahmen der Gastro-Ampel. „Was nützt mir die Ampel im Vergleich zu regelmäßigen vernünftigen Kontrollen?“, fragt Sträter, der zugleich darauf hinweist, dass auch die Arbeitsbedingungen der Angestellten als Bewertungskriterium herangezogen werden sollten. Nicht mehr als ein müdes Lächeln hat Thomas Peitos vom „Rhodos-Grill“ für die geplante Gastro-Ampel übrig. Sein Imbiss an der Bochumer Straße 76 besteht seit über 40 Jahren, mancher Stammkunde kommt fast genau so lange. Zwar strenge sich mancher Wirt vielleicht mehr an, wenn es um eine positive Bewertung auf dem Barometer gehe, letztlich aber entscheide doch der Gast „Der Kunde ist nicht dumm“, sagt der gebürtige Grieche und bringt es auf den Punkt: „Ist die Qualität gut, kommt der Kunde wieder.“
In Zukunft auch für Bäckereien und Metzgereien
Zunächst soll die Hygiene-Ampel, die Anfang 2012 eingeführt werden soll, auf die Gastronomie beschränkt sein. In einem zweiten Schritt soll die Transparenzpflicht auch auf Metzgereien und Bäckereien ausgeweitet werden, langfristig soll das Barometer auch für Kantinen und Großküchen gelten. In Dänemark gibt es ein ähnliches System, dort werden Gastro-Betriebe seit zehn Jahren mit einem Hygiene-Smiley ausgezeichnet, wenn sie die vorgegebenen Standards erfüllen.