Mülheim. . Die Broicher Interessengemeinschaft (BIG) setzt auf die Ansiedlung der Hochschule. Sorgen mit Leerständen in der Neuen Mitte aber bleiben. Kleine Händler, Existenzgründer dürften allein die monatlichen Fixkosten abschrecken.

Trauerflor mag Hans A. Wunder, Vorsitzender der Broicher Interessengemeinschaft (BIG), nicht anlegen, denkt er an die Neue Mitte Broich. Deren Neubau versprach dem Stadtteil vor Jahren den Aufbruch, vieles davon aber doch nicht halten konnte. Eisern redet Wunder davon, dass es nicht darum gehe, das Stadtteilzentrum überhaupt erst attraktiv zu machen. Das sei es ja. Wunder und Vorstandskollegen geht es darum, vorhandene Attraktivität zu steigern. Hoffnung macht die Ansiedlung der Fachhochschule.

Dabei liegt Ernüchterung in der Luft, wandelt man um den wuchtigen Baukomplex, den die Gagfah Group vor neun Jahren ins Herz von Broich gesetzt hat. Neben Sparkasse, Edeka, Post und Co. herrscht weiter großer Leerstand vor, vor allem die Ladenlokale an der Bülow- und Pestalozzistraße scheinen kaum zu vermieten zu sein. Zum Jahresende wird die Ev. Kirchengemeinde als letzte Mieterin die Ladenzeile an der Pestalozzistraße räumen, an der Bülowstraße sieht’s nur wenig freundlicher aus. Das ehemalige Büro der Bauleitung etwa steht mit Gerümpel voll. Wer mag da schon auf das Mietinserat der Gagfah anspringen, die dieses auf zwei Etagen ausgedehnte, 113 m2 große Lokal für satte 1695 plus 350 Euro Nebenkosten und eine Kaution von 6000 Euro anbietet?

Bürger vermissen Reinigung

Kleine Händler, Existenzgründer dürften allein die monatlichen Fixkosten abschrecken, dazu die unattraktive Seitenlage. Wer soll da schon den Anfang machen, für Aufbruchstimmung sorgen – mit dem Risiko, dass Nachbarläden weiter von Tristesse beseelt sind? Nachdem Schlecker dichtgemacht hat, hält BIG-Chef Wunder einen neuen Drogeriemarkt für wünschenswert, ebenso vermissten Bürger eine Textilreinigung. Schön wären auch Textilgeschäfte im mittleren Preissegment – obwohl: Wunder glaubt nicht recht, dass „sich das hier bewähren würde“.

Und er weiß natürlich, dass Ansiedlungspolitik im Gewerbe-, Büro- und Wohnkomplex Sache der Gagfah ist. Einige Jahre habe die BIG Probleme gehabt, mit dem börsennotierten Wohnungsunternehmen diesbezüglich ins Gespräch zu kommen. Nachdem die Gagfah ihre Vermietungsprobleme an der Prinzeß-Luise-Straße zumindest teilweise dadurch gelöst hat, dass sie im September 2010 selbst ihre Zentrale und 200 Mitarbeiter dorthin verlegt hat, sollte es gestern ein Gespräch geben. Die BIG wollte dabei für eine „moderater Preispolitik“ werben. Eine WAZ-Anfrage zum Thema gestern bei der Gagfah soll Dienstag beantwortet werden.

Wie gesagt: Die BIG ist weit davon entfernt, in Missmut zu verfallen. Gegenüber der „Neuen Mitte“ funktioniere der Handel gut. Ein Dorn im Auge ist der BIG weiter die Platzgestaltung am Gagfah-Bau. Die offenen Türen als Teil des Kunstwerkes „Durchblick“ der Münsteraner Künstlerin Dorothea Geyer werden mittlerweile als störend empfunden. Gewünscht werden Sitzmöglichkeiten, mehr Grünsaum. So am Randstreifen zur Bülowstraße, wo häufig widerrechtlich geparkt und der Busverkehr behindert wird. Hier favorisiert die BIG eine Lösung mit Pollern.

Gesprächsstunde geplant

Große Hoffnungen setzt die Interessengemeinschaft in die Ansiedlung der Hochschule Ruhr West an der Duisburger Straße. In diesem Zuge müsse eine auch optisch ansprechende Anbindung zur Nahversorgung der Prinzeß-Luise-Straße geschaffen werden, Wunder hofft auch, dass weitere Gastronomen ihr Glück im neuen „Hochschul-Viertel“ versuchen. So wie es der Betreiber des neuen Cafés im alten Ambiente der Einhorn-Apotheke vorlebe. Freilich ist sich Wunder sicher: „Der braucht jetzt natürlich langen Atem.“ Die FH wird ja erst zum Wintersemester 2014/15 bezogen.

Wunder kündigte an, dass die BIG alsbald zu einer Gesprächsrunde mit Ladenmietern und Eigentümern an der Duisburger Straße einladen werde, um „die Bereitschaft zur optischen Gestaltung abzuklopfen“. Im zweiten Durchgang wolle man die Fachverwaltung mit an den Tisch holen. Sie soll den Eigentümern dann etwa auch aufzeigen, welche Fördermöglichkeiten es für Investitionen geben könnte. Zwei Probleme soll die Verwaltung selbst lösen: Das Linksabbiegen von der Prinzeß-Luise- auf die Duisburger Straße soll möglich, auch bei der Umgestaltung der „Duisburger“ mehr Parkraum für umliegendes Gewerbe geschaffen werden.